15. Unterhaltsbedarf
15.1 Der Bedarf der Ehegatten richtet sich nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen im Unterhaltszeitraum, soweit sich diese aus den ehelichen Lebensverhältnissen fortschreiben lassen.
Änderungen des verfügbaren Einkommens der Ehegatten sind grundsätzlich zu berücksichtigen, unabhängig davon wann sie eingetreten sind und ob es sich um Minderungen oder Erhöhungen handelt. Eine Einkommensreduzierung ist unbeachtlich, wenn sie auf einem unterhaltsrechtlich vorwerfbaren Verhalten beruht. Unerwartete, nicht in der Ehe angelegte Steigerungen des Einkommens des Unterhaltspflichtigen (insbesondere aufgrund eines Karrieresprungs) bleiben unberücksichtigt.
Der nacheheliche Unterhaltsbedarf wird bestimmt durch die Umstände, die bis zur Rechts-kraft der Ehescheidung eingetreten sind. Nachfolgende Entwicklungen wirken sich auf die Bedarfsbemessung aus, wenn sie auch bei fortbestehender Ehe angelegt und mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren (BGH FamRZ 2012, 281). Für Unterhaltspflichten in-folge eines nachehelich geborenen Kindes kann dies nicht angenommen werden (BGH FamRZ 2012, 281, 284).
Es ist von einem Mindestbedarf auszugehen, der das Existenzminimum für nicht Erwerbstätige (vgl. Ziff. 21.2) nicht unterschreiten darf.
15.2 Es gilt der Halbteilungsgrundsatz. Vom bereinigten Erwerbseinkommen kann ein Bonus von 1/7 abgezogen werden.
Leistet ein Ehegatte Unterhalt für ein unterhaltsberechtigtes Kind, wird sein Einkommen vor Ermittlung des Erwerbstätigenbonus um diesen Unterhalt (Zahlbetrag) bereinigt.
Kommt der betreuende Elternteil für einen ungedeckten Restbedarf auf, ist dieser ebenso von seinen Einkünften abzusetzen.
15.3 Bei sehr guten Einkommensverhältnissen des Pflichtigen kommt eine konkrete Bedarfsberechnung in Betracht. Während die Bedarfsermittlung im Wege des Quotenunterhalts auf der Annahme beruht, dass das vorhandene Einkommen in voller Höhe für den Lebensunterhalt der Ehegatten verwendet wurde, liegt bei besonders günstigen Einkommensverhältnissen die Vermutung nahe, dass nicht sämtliche Einkünfte für den Lebensunterhalt eingesetzt werden, sondern ein Teil der Vermögensbildung zugeführt wird. Insoweit hat das Einkommen für die Unterhaltsbemessung aber grundsätzlich außer Betracht zu bleiben (BGH FamRZ 2012, 947). Von besonders günstigen Verhältnissen dürfte erst auszugehen sein, wenn die bereinigten Familieneinkünfte oberhalb des Doppelten der Obergrenze der 10. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle liegen.
15.4 Werden Altersvorsorge-, Kranken- und Pflegeversicherungskosten vom Berechtigten gesondert geltend gemacht oder vom Pflichtigen gezahlt, sind diese von seinem Einkommen vorweg abzuziehen. Der Vorwegabzug unterbleibt, soweit nicht verteilte Mittel zur Verfügung stehen, namentlich bei einer konkreten Bedarfsberechnung (vgl. Ziff. 15.3). Altersvorsorgeunterhalt wird nicht geschuldet, wenn das Existenzminimum des Berechtigten (vgl. Ziff. 15.1) nicht gesichert ist.
15.5 Schuldet der Unterhaltspflichtige sowohl einem geschiedenen als auch einem neuen Ehegatten Unterhalt, hat dies keinen Einfluss auf die Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Unterhaltsberechtigten. Allerdings kann dies bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit (§ 1581 BGB) zu einem relativen Mangelfall und bei Gleichrang zu einer Begrenzung des geschuldeten Unterhalts (Gleichteilung) führen (BGH FamRZ 2012, 281).
15.6 (nicht belegt)
15.7 Der Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB ist nicht nach § 1578b BGB zu befristen.
16. Bedürftigkeit
Eigene Einkünfte des Berechtigten sind auf den Bedarf anzurechnen, wobei das bereinigte Erwerbseinkommen um einen Erwerbstätigenbonus vermindert werden kann. Auf einen konkret festgestellten Bedarf - bei guten Einkommensverhältnissen sowie einer eheunabhängigen Lebensstellung - ist eigenes Einkommen ohne Berücksichtigung eines Erwerbstätigenbonus bedarfsmindernd anzurechnen (BGH FamRZ 2012, 192).
17. Erwerbsobliegenheit
17.1 Bei Kindesbetreuung besteht bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres eines gemeinschaftlichen Kindes keine Erwerbsobliegenheit. Gleichwohl erzieltes Erwerbseinkommen ist überobligatorisch und nach den Umständen des Einzelfalls zu berücksichtigen (BGH FamRZ 2009, 770; 2009, 1124; 2009, 1391).
Nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes kommt es bei Beurteilung der Frage, ob und inwieweit der betreuende Ehegatte bei einer bestehenden Betreuungsmöglichkeit auf eine Erwerbstätigkeit verwiesen werden kann, auf die Verhältnisse des Einzelfalls an. Bei besonderer Betreuungsbedürftigkeit des Kindes und bei nicht oder nur unzureichender Fremdbetreuung (kindbezogene Gründe, § 1570 I 2 BGB) kommt ein Unterhaltsanspruch auch nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes in Betracht.
Eine Erwerbstätigkeit des betreuenden Ehegatten kann auch aus Gründen der nachehelichen Solidarität ganz oder teilweise unbillig erscheinen. Hierbei sind das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der ...