Rz. 14

Das Gründungsverfahren für ein FIE lässt sich typischerweise in fünf Schritte einteilen. Dabei ist zu beachten, dass die Gründung eines FIEs jeweils auch eine Registrierung oder, soweit noch nach den Negativlisten erforderlich, eine Genehmigung des zugrunde liegenden Investitionsvorhabens durch die zuständigen chinesischen Behörden umfasst.

1. Letter of Intent

 

Rz. 15

Bei der Anbahnung von Gemeinschaftsunternehmen ist vor dem Abschluss der Hauptverträge eine Vorvereinbarung üblich. Ist ein chinesischer Partner für das Vorhaben gefunden, so wird häufig zunächst ein Letter of Intent erstellt. In dieser Absichtserklärung werden die gemeinsamen Ziele und Prinzipien der Zusammenarbeit dokumentiert. Obwohl der Letter of Intent rechtlich nicht bindend ist, sollte auf dessen sorgfältige Abfassung geachtet werden. Einerseits wird die chinesische Seite auf die im Letter of Intent gemachten Zugeständnisse später nicht mehr verzichten wollen, andererseits werden sich nicht im Letter of Intent festgeschriebene Punkte zu einem späteren Zeitpunkt oft nur schwer durchsetzen lassen. Bei der nachfolgenden Genehmigung des Projekts ist eine chinesische Fassung des Letter of Intent einzureichen, was schon bei dessen Erstellung zu beachten ist. Bei einem WFOE entfällt der Letter of Intent, es sei denn, es wollten mehrere ausländische Investoren agieren.

2. Vorläufige Namensregistrierung

 

Rz. 16

In einem weiteren Schritt ist ein Antrag auf vorläufige Registrierung des Namens der Gesellschaft zu stellen. Zuständig sind insoweit die örtlich zuständigen Abteilungen der SAMR, die durch den Nationalen Volkskongress im März 2018 geschaffen wurde und im Bereich des Registerwesens die Aufgaben der früheren State Administration for Industry and Commerce (SAIC) übernommen hat. Die Behörde ist verpflichtet, die Genehmigung oder Zurückweisung des Antrags innerhalb von 10 Tagen zu verfügen. Durch eine Genehmigung wird der Name der Gesellschaft für die Dauer von einem Jahr reserviert. Nach endgültiger Genehmigung des Joint Ventures ist eine offizielle Registrierung des reservierten Namens innerhalb der von den Behörden gesetzten Frist vorzunehmen. Eine Versäumung der Frist führt dazu, dass die vorläufig erteilte Genehmigung entfällt. Zu beachten ist, dass nur der chinesische Name der Gesellschaft registriert wird und firmenrechtlichen Schutz genießt.

3. Durchführbarkeitsstudie

 

Rz. 17

Anschließend erstellen die Partner gemeinsam eine Durchführbarkeitsstudie (Feasibility Study). Bei einem WFOE wird diese Studie lediglich von dem ausländischen Investor bzw. den ausländischen Investoren erstellt. Die Durchführbarkeitsstudie soll alle maßgeblichen Informationen zu wirtschaftlichen, technischen und finanziellen Fragen enthalten. Sie dient der zuständigen National Development and Reform Commission bzw. ihren lokalen Untergliederungen zur Prüfung der wirtschaftlichen Erfolgsaussichten des Vorhabens. Darüber hinaus können die ausländischen Investoren auf diesem Wege genaue Planungen für ihr Projekt aufstellen bzw. sie erhalten Gelegenheit, ihre Planungen kritisch zu überprüfen. Bei der Gründung von WFOE-Handelsgesellschaften wird keine Durchführbarkeitsstudie mehr verlangt.

4. Joint Venture-Vertrag und/oder Satzung

 

Rz. 18

Zeitgleich mit der Erstellung der Durchführbarkeitsstudie ist die Satzung zu erstellen. Bei einem Joint Venture wird zusätzlich zwischen den Investoren ein Joint Venture-Vertrag geschlossen. Diese Dokumente sollten sowohl in chinesischer als auch in englischer Sprache abgefasst werden. Dabei sollte aber beachtet werden, dass die Registrierungsbehörde sich nur mit der chinesischen Fassung befasst und auch nur diese genehmigt. Eine Bestimmung, dass zwischen den Parteien im Streitfall die englische Fassung Vorrang hat, ist jedoch zulässig.

5. Genehmigungs- oder Registrierungsantrag

 

Rz. 19

Hierauf können die zukünftigen Gesellschafter den Registrierungsantrag oder, sofern nach den Marktzugangsbedingungen in einer bestimmten beschränkten Branche noch eine Genehmigung erforderlich ist, einen Genehmigungsantrag einbringen.

 

Rz. 20

Das GAI führt nun ausdrücklich in Gesetzesform ein Konzept zur Verwaltung von Auslandsinvestitionen ein, welches in Art. 4 GAI als "pre-entry national treatment plus negative list" bezeichnet wird. Dies bedeutet, dass im Grundsatz Inländergleichbehandlung[10] für ausländische Investoren besteht, sollte die beabsichtigte Investitionstätigkeit nicht unter die "Special Management Measures for the Market Entry of Foreign Investment (Negative List)"[11] (Negativliste) bzw. die "Special Management Measures for the Market Entry of Foreign Investment in Pilot Free Trade Zones (Negative List)"[12] (FHZ-Negativliste) fallen. Die Marktregulierung mithilfe der genannten Listen besteht schon seit einigen Jahren, ist insofern also keine Neuheit. Allerdings wurden die Listen über die Jahre sukzessive reduziert und zusätzliche Sektoren für ausländische Investitionen geöffnet.[13] Dabei ist zu beachten, dass unabhängig von der Anwendung dieser Listen weiterhin sektorenspezifische Lizenzen und Genehmigungen für den Betrieb eines Unternehmens in einem bestimmten Bereich erforderlich sein können.[14...

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