1. Anteilsübertragung unter Lebenden
a) Zulässigkeit
Rz. 117
Grundsätzlich können sowohl die Anteile an einem WFOE als auch an einem EJV und CJV frei übertragen werden.
b) Form
Rz. 118
Die Übertragung setzt bei allen drei Gesellschaftsformen den Abschluss eines schriftlichen Abtretungsvertrags voraus. Dieser Vertrag ist zwischen dem Abtretenden und den Übernehmenden abzuschließen. Weitere Formerfordernisse werden nicht aufgestellt. Insbesondere bedarf der Abtretungsvertrag keiner Beurkundung oder Beglaubigung.
Rz. 119
Die Schriftform ist für die Abtretung vorgeschrieben. Mangels Abschlusses eines schriftlichen Vertrags hat die Registrierungsbehörde die Behandlung des Registrierungsantrags zu versagen.
c) Zustimmungspflicht
Rz. 120
Die Abtretung bedarf der Zustimmung von mehr als der Hälfte der übrigen Gesellschafter, falls der Geschäftsanteil an eine Person übertragen wird, die nicht Gesellschafter ist. Wenn die übrigen Gesellschafter die Zustimmung verweigern, sind sie verpflichtet, den abzutretenden Gesellschaftsanteil zu erwerben. Jede Weigerung zum Erwerb wird als Zustimmung zur Abtretung aufgefasst. Zur Vermeidung von Schwierigkeiten empfiehlt es sich, diese Frage im Joint Venture-Vertrag bzw. in der Satzung oder im Gesellschaftsvertrag zu regeln.
Rz. 121
Den Gesellschaftern eines EJV stand nach alter Rechtslage darüber hinaus bereits nach dem Gesetz ein Vorkaufsrecht zu, falls ein Anteil der Gesellschaft an dritte Personen übertragen werden sollte. Dieses Vorkaufsrecht kann im Joint Venture-Vertrag nicht ausgeschlossen werden. Erst nachdem die anderen Gesellschafter auf das Vorkaufsrecht verzichtet haben, kann eine Übertragung auf einen anderen Rechtsträger erfolgen.
Rz. 122
Nach Art. 71 Abs. 3 Gesellschaftsgesetz steht dieses Vorkaufsrecht grds. allen an der Übertragung nicht beteiligten Gesellschaftern einer GmbH zu.
Rz. 123
Grundsätzlich muss im Fall der Abtretung die Rechtsnatur der Gesellschaft als einheimische Gesellschaft oder FIE nicht gewahrt werden. Gesellschafter eines WFOE haben daher das Recht, einen Anteil an ein chinesisches Unternehmen abzutreten. Ebenso ist grundsätzlich der chinesische Partner eines JV berechtigt, seinen Anteil an einen ausländischen Investor abzutreten, so dass ein WFOE entsteht. Dies setzt allerdings voraus, dass das so entstandene WFOE nicht in einen Bereich fällt, der laut Negativlisten als "restricted" eingestuft wird.“
d) Anzeigepflicht
Rz. 124
Die Anteilsübertragung ist sowohl bei einem JV als auch bei einem WFOE registrierungspflichtig. Die Registrierung erfolgt durch die ursprünglich zuständige Registrierungsbehörde.
e) Vollzug
Rz. 125
Die Abtretung gilt mit Registrierung der Behörde als vollzogen. Schuldrechtlich entstehen die Verpflichtungen der Parteien bereits mit Vertragsabschluss.
f) Steuern
Rz. 126
Die Einnahmen aus der Veräußerung eines Geschäftsanteils stellen steuerbares Einkommen dar und unterliegen der Einkommensteuer. Sofern Gesellschafter eines FIE in China über keine Betriebsstätte verfügen, wird ein eventueller Veräußerungsgewinn im Rahmen einer Quellensteuer erhoben. Der Steuersatz beträgt zwischen China und Deutschland aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens 10 %. Weiter unterliegt der Abschluss des Abtretungsvertrags einer Stempelsteuer i.H.v. 5 ‰ des Transaktionswertes für jede Transaktionspartei. Die Übertragung unterliegt allerdings nicht der Mehrwertsteuer oder sonstigen Umsatzsteuern.
2. Vererbung von Gesellschaftsanteilen
Rz. 127
Natürliche Personen können Gesellschafter eines FIE werden. Allerdings führen die genannten Gesetze nichts zur Vererblichkeit der Anteile aus. Die Vererblichkeit ist daher im Sinne der allgemeinen Vorschriften des Zivilrechts zu bejahen, denn nach Art. 1122 ZGB gehört zum Nachlass das gesamte legale Vermögen des Erblassers.
Rz. 128
Im Falle des Erwerbs eines Geschäftsanteils im Erbweg ist zunächst das erbrechtliche Verfahren nach dem jeweils anwendbaren Recht durchzuführen. Dieses soll hier infolge der Komplexität internationaler Erbfälle nicht dargestellt werden.
Rz. 129
Nach abgeschlossenem Erwerb ist der Erwerb von der Genehmigungsbehörde zu genehmigen. Erst mit dieser Genehmigung entfaltet der Erwerb Wirksamkeit.
Rz. 130
Nach den betreffenden Bestimmungen haben die anderen Gesellschafter im Falle des Erwerbs eines Geschäftsanteils durch einen Erben das Recht, die Fortsetzung der Gesellschaft mit dem Erben zu verweigern. In diesem Fall ist die Liquidation der Gesellschaft einzuleiten. Der Erbe hat jedoch das Recht, am Liquidationserlös zu partizipieren.
Rz. 131
Falls die Gesellschafter die Vererblichkeit der Geschäftsanteile nicht ausschließen, empfiehlt es sich daher, in der Satzung bzw. dem Gesellschafts- oder Joint Venture-Vertrag eine Vorabzustimmung zur Fortsetzung der Gesellschaft mit dem Erben aufzunehmen. Andernfalls ist zu überlegen, ein Aufgriffsrecht zu vereinbaren, wonach die Gesellschafter im Falle der verweigerten Zustimmung das Recht haben, den Geschäftsanteil des Erben zu einem bestimmten Preis zu übernehmen.
3. Öffentlich-rechtliche Beschränkungen für die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen
Rz. 132
Öffentlich-rechtliche Beschränkungen einer Abtretung finden sich insbesondere im Bereich der Industriepolitik. Die Negativlisten sehen in bestimmte...