A. Einführung
I. Rechtsentwicklung
Rz. 1
Das Gesellschaftsrecht Chinas spiegelt den wirtschaftlichen Aufbruch wider, in dem sich das Land seit einigen Jahren befindet. Nachdem die Rechtsentwicklung eine längere Übergangsphase durchlaufen hat, zeichnet sich seit 2019 eine Konsolidierung ab.
Rz. 2
Nach Gründung der Volksrepublik China im Jahre 1949 wurde am 29.12.1950 ein vollständiges Gesellschaftsrecht erlassen. Durch die Verstaatlichung der Unternehmen wurde das Recht der privaten Gesellschaften aber fast vollständig irrelevant. Erst mit der verstärkten Orientierung Chinas an der Marktwirtschaft in den 1990er Jahren gewannen die privaten Gesellschaften an Bedeutung.
Rz. 3
Mit dem am 1.7.1994 in Kraft getretenen Gesellschaftsgesetz (Company Law of the People´s Republic of China) besteht eine gesetzliche Regelung sowohl für die GmbH (Limited Liability Company – Ltd.) als auch für die Aktiengesellschaft (Company Limited by Shares). Das Gesetz, welches mit Wirkung zum 1.3.2014 und zuletzt erneut am 26.10.2018 umfassend novelliert worden ist, befasst sich in einem ersten Kapitel mit gemeinsamen Vorschriften für GmbH und Aktiengesellschaft, um dann im zweiten Kapitel auf die GmbH und schließlich im dritten Kapitel auf die Aktiengesellschaft einzugehen.
Rz. 4
Eine umfassende nationale Regelung für die Kommanditgesellschaft gibt es in China nicht. Dementsprechend fehlt es auch an einer Regelung für eine GmbH & Co. KG. Es existieren lediglich einige Vorschriften aus dem Bereich des Venture Capital auf lokaler Ebene, die die Existenz einer Kommanditgesellschaft voraussetzen. Auch für die Rechtsform der Kommanditgesellschaft auf Aktien existiert in China keine gesetzliche Grundlage.
II. Ausländische Investoren
Rz. 5
Ausländern ist es möglich, eine GmbH oder Aktiengesellschaft nach dem Gesellschaftsgesetz zu gründen, wenn die besonderen Vorgaben zum ausländischen Investitionsrecht eingehalten werden, die 2020 in einem besonderen Gesetz vor die Klammer gezogen wurden. Zuvor war die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung für ausländische Investoren nur nach den Sonderbestimmungen über Equity Joint Venture (EJV), Contractual oder Cooperative Joint Venture (CJV), Wholly Foreign-Owned Enterprises (WFOE) oder Foreign-Invested Companies Limited by Shares möglich. In den letzten Jahren hat jedoch eine Angleichung der Regelungen stattgefunden, die für inländisch und ausländisch investierte GmbHs gelten.
Rz. 6
Alle Gesellschaften, die von oder unter Beteiligung ausländischer Investoren gegründet wurden, werden in China seit den 1980er Jahren als "ausländisch investierte Unternehmen" bezeichnet (foreign-invested enterprises – FIE). Vorab sollen daher die verschiedenen Möglichkeiten des ausländischen Investments in China in aller Kürze dargestellt werden.
Rz. 7
Ein Joint Venture kann als Zusammenschluss von einer oder mehreren Personen oder Unternehmen mit einem chinesischen Partner oder mehreren chinesischen Partnern gegründet werden. Nach den vor 2020 geltenden Sondergesetzen stand hierfür die Form eines EJV oder eines CJV zur Verfügung. Da die Regelungen zur Organ- und Satzungsstruktur dieser Gesellschaften im Rahmen einer Übergangsfrist für Altgesellschaften bis Ende 2024 weiter gelten, sollen sie hier kurz zusammengefasst werden. Durch Gründung eines EJV entsteht eine juristische Person mit eigenen Rechten und Pflichten. Die Haftung beschränkt sich dabei auf die Einlagen der Gesellschafter. Alle Gesellschafter haben Anspruch auf Gewinnverteilung im Verhältnis zu ihrer Investition (pro rata) und tragen auch die Risiken und Verluste dementsprechend bis zur Höhe des von ihnen investierten Kapitals (Art. 4 EJV-Gesetz). Ein EJV muss in Form einer Kapitalgesellschaft gegründet werden und in aller Regel wird für ein EJV die Rechtsform der GmbH gewählt. Ein CJV hingegen kann in zweierlei Weise gegründet werden. Die Partner können eine Gesellschaft gründen, die wiederum meist als GmbH einzuordnen sein wird. Sie können es aber auch bei der vertraglichen Joint Venture-Vereinbarung belassen. In letzterem Falle entsteht keine juristische Person (vgl. Art. 2 Abs. 2 CJV-Gesetz) und die grundsätzlich unbeschränkte Haftung der Partner richtet sich nach dem Zivilrecht. Der Zusammenschluss der Partner ist dann einer Partnerschaft nach dem chinesischen Partnerschaftsgesetz angenähert, die wiederum der Rechtsform der deutschen offenen Handelsgesellschaft vergleichbar ist. Ein CJV bietet ein höheres Maß an Flexibilität und ermöglicht es insbesondere, die Gewinnverteilung abweichend von dem Verhältnis der Einlagen der Partner zu regeln (Art. 2 Abs. 1 CJV-Gesetz).
Rz. 8
Im Rahmen privatautonomer Vertragsgestaltung können auch nach der seit dem 1.1.2020 geltenden neuen Rechtslage weiterhin EJV und CJV gegründet werden, allerdings mit der wichtigen Vorgabe, dass die Organstruktur nun den Vorgaben des Gesellschaftsgesetzes entsprechen muss. Die bisher schon geltenden Strukturvorgaben für rein ausländische Tochtergesellschaften gelten damit auch für Joint Venture. Das früher bestehende Sonderrec...