Detlef Burhoff, Michael Eggers
Rdn 2053
Literaturhinweise:
Arnemann, Vernehmung und Verhaftung anlässlich der Durchsuchung, StraFo 2021, 142
Kretschmer, "Legen Sie das Telefon weg!" oder: Telefonsperre bei der strafprozessualen Durchsuchung, StRR 2013, 164
Weisser, Durchsuchungsarreste, präventive Ingewahrsamnahmen und Kontaktsperren zur Ermöglichung von Anschlussdurchsuchungen, wistra 2014, 212
s.a. die Hinw. bei → Durchsuchung, Allgemeines, Teil D Rdn 1770, und bei → Durchsuchung, Anwesenheit des Verteidigers, Teil D Rdn 1877.
Rdn 2054
1. Für den Telefonkotakt des Betroffenen mit seinem Verteidiger/Rechtsanwalt gilt: Der von der Durchsuchung Betroffene kann – auch wenn er der Beschuldigte ist – während der Durchsuchung telefonieren und Telefongespräche empfangen (z.B. Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren [Steuer] – AStBV (St) 2011 – Nr. 63 Abs. 8, BStBl I 2010, 1435).
☆ Ihm steht insbesondere grds. auch das Recht zu, allein zu telefonieren. Stubenarrest und Telefonsperre sind, solange der Betroffene nicht als Beschuldigter, z.B. wegen Verdunkelungs- oder Fluchtgefahr, vorläufig festgenommen worden ist, unzulässig (→ Vorläufige Festnahme , Teil V Rdn 5555 ; zur Unzulässigkeit einer vorbeugenden Festnahme LG Frankfurt am Main NJW 2008, 2201; umfassend Kretschmer StRR 2013, 164; Rengier NStZ 1981, 372, 375; Weisser wistra 2014, 212; Jahn JuS 2008, 649 f. in der Anm. zu LG Frankfurt am Main, a.a.O.)."Stubenarrest" und Telefonsperre sind, solange der Betroffene nicht als Beschuldigter, z.B. wegen Verdunkelungs- oder Fluchtgefahr, vorläufig festgenommen worden ist, unzulässig (→ Vorläufige Festnahme, Teil V Rdn 5555; zur Unzulässigkeit einer "vorbeugenden" Festnahme LG Frankfurt am Main NJW 2008, 2201; umfassend Kretschmer StRR 2013, 164; Rengier NStZ 1981, 372, 375; Weisser wistra 2014, 212; Jahn JuS 2008, 649 f. in der Anm. zu LG Frankfurt am Main, a.a.O.).
Rdn 2055
A.A. war/ist dazu allerdings die Rspr. (OLG Karlsruhe (StraFo 1997, 13, 15; LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 8.5.2024 – 12 Qs 1/24) und überw. die Lit. (Meyer-Goßner/Schmitt, § 105 Rn 13; LR-StPO/Tsambikakis, § 105 Rn 127; SSW-StPO/Hadamitzky, § 105 Rn 38; MüKo-StPO/Hauschild, § 105 Rn 31). Sie geht u.a. davon aus, dass die im Rahmen einer Durchsuchung der Kanzleiräume erfolgte Anordnung an einen nicht beschuldigten Steuerberater, Telefongespräche mit seinem Rechtsanwalt und dem Verteidiger des Beschuldigten nur in Anwesenheit eines Beamten der Steuerfahndung zu führen, zulässig sein soll (OLG Karlsruhe, a.a.O.). Der Durchsuchungsbeschluss berechtige zu allen Maßnahmen, die zur Erreichung des Durchsuchungszwecks erforderlich seien. Dazu sollen auch Einschränkungen der ungehinderten fernmündlichen Kontaktaufnahme gehören, wenn die Gefahr besteht, dass es sonst zu Verdunkelungshandlungen kommen könnte. M.E. ist das nicht zutreffend. Die Durchsuchungsmaßnahme dient nicht der Verhinderung von Verdunkelungshandlungen. Diesen müssen die Durchsuchungsbeamten, wenn eine konkrete Gefahr besteht, ggf. mit der → Vorläufigen Festnahme, Teil V Rdn 5553, begegnen (s.a. Kretschmer StRR 2013, 164; Weisser wistra 2014, 212; Radtke/Hohmann/Ladiges, § 105 Rn 27; SSW-StPO/Hadamitzky, § 105 Rn 38 [für den "Stubenarrest"]; → Untersuchungshaft, Allgemeines, Teil U Rdn 4649).
2. Wendet sich der Beschuldigte während der Durchsuchung telefonisch an den Verteidiger, dann muss sich dieser zunächst
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nach folgenden Dingen erkundigen (zum Verhalten des Verteidigers auch Wehnert StraFo 1996, 78 m.w.N.; StrafPrax-Wehnert, § 3 Rn 24 ff.; Michalke NJW 2008, 1490; Stoffers wistra 2009, 379; Tsambikakis PStR 2013, 255 ff.):
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Ist ein Durchsuchungsbeschluss (→ Durchsuchung, Anordnung, Allgemeines, Teil D Rdn 1783 m.w.N.) ausgehändigt worden oder haben sich die Durchsuchungsbeamten auf "Gefahr im Verzug" berufen? Was genau ist dem Mandanten dazu erklärt worden? Ist die Erklärung ggf. schon aktenkundig gemacht worden (→ Durchsuchung, Anwesenheit des Verteidigers, Teil D Rdn 1876). |
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Welchen Inhalt hat der Durchsuchungsbeschluss? Ggf. sollte sich der Verteidiger den Beschluss vorlesen lassen. |
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Findet die Durchsuchung bei dem Mandanten als Beschuldigten, Verdächtigen oder als unbeteiligten Dritten statt? |
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Ist dem Mandanten erklärt worden, dass bestimmte Gegenstände (welche?) beschlagnahmt werden sollen? |
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und dann dem Mandanten folgende Ratschläge erteilen (a. Tsambikakis PStR 2013, 255): ☆ Der Verteidiger muss dem Mandanten raten, dass er auf keinen Fall Erklärungen zur Sache abgeben darf (StrafPrax- Wehnert , § 3 Rn 24; Bornheim PStR 1999, 111) und sich nach Möglichkeit nicht mit den Durchsuchungsbeamten unterhalten soll , da alle Angaben sonst ggf. als Einlassung gewertet werden können.Wehnert, § 3 Rn 24; Bornheim PStR 1999, 111) und sich nach Möglichkeit nicht mit den Durchsuchungsbeamten unterhalten soll, da alle Angaben sonst ggf. als Einlassung gewertet werden können. Der Mandant sollte sich auch nicht mit der Durchsuchung und einer sich ggf. anschließenden Beschlagnahme einverstanden erkläre... |