Gerhard Ring, Line Olsen-Ring
Rz. 75
Das 7. Kapitel (§§ 41 bis 47 ARL) regelt Erbverträge sowie den Erbvorschuss: Einem Erben ist es nach § 41 Abs. 1 ARL nicht gestattet, eine erwartete Erbschaft zu verkaufen, zu verpfänden oder auf andere Weise zu übertragen (Verbot eines dispositiven Erbvertrages). Zu Lebzeiten des Erblassers kann ein Erbe auch nicht ohne Zustimmung des Erblassers eine Vereinbarung mit Miterben hinsichtlich einer Übernahme von Nachlassaktiva treffen. Die Gläubiger eines Erben können gem. § 41 Abs. 2 ARL aus der erwarteten Erbschaft auch keine Befriedigung verlangen.
Rz. 76
Ein Erbe kann gem. § 42 Abs. 1 ARL (formlos, aber aus Beweisgründen vorzugsweise in Form einer schriftlichen Verzichtserklärung, die vom Erben und vom Erblasser unterschrieben wird) gegen oder ohne Vergütung auf eine erwartete oder bereits angefallene Erbschaft verzichten (Zulässigkeit eines renunziativen Erbvertrages). Der Verzicht auf eine erwartete Erbschaft ist – im Unterschied zum Verzicht auf ein bereits angefallenes Erbe – grundsätzlich nicht bedingungsfeindlich. Er ist nach § 42 Abs. 2 ARL gegenüber dem Erblasser bzw. bei fortgesetzter Gütergemeinschaft gegenüber dem überlebenden Ehegatten zu erklären. Die Erklärung des Verzichts auf ein bereits angefallenes Erbe hat im ARL keine gesetzliche Regelung erfahren. Es gelten daher die allgemeinen vermögensrechtlichen Grundsätze. Danach kann der Verzicht vor allem den Miterben, einem Nachlassverwalter bzw. dem Nachlassgericht gegenüber erklärt werden. Wird ein Verzicht von Gegenleistungen des Erblassers abhängig gemacht, setzt dies eine Annahme (und damit auch Testierfähigkeit) des Erblassers voraus. Ein Erbverzicht, der von keiner Bedingung abhängig gemacht wird, ist nach den Vorarbeiten zum ARL nicht annahmebedürftig. Ein Verzicht zeitigt auch Wirkungen für die Abkömmlinge des Verzichtenden, wenn deren Erbrecht nicht vorbehalten wurde (§ 42 Abs. 3 ARL). Der Verzichtende kann später seinen Erbverzicht einseitig aufheben. Der Erblasser kann seinerseits jederzeit den Verzicht des Erben annullieren. Nach neuerer Rechtsprechung wird ein Erbverzicht zugunsten der Abkömmlinge des Verzichtenden nicht als bedingter Verzicht, sondern als "Blankoverzicht" qualifiziert. Er muss dem Erblasser nur zugehen, er bedarf jedoch keiner Annahme durch diesen. Ist der Erbverzicht gegen den Erhalt von Gegenleistungen erfolgt, unterliegt dieser Vertrag den Unwirksamkeitsregelungen in den §§ 28 bis 33 und § 36 des allgemeinen Vertragsgesetzes (aftaleloven) i.d.F. der Bekanntmachung Nr. 193 vom 2.3.2016 mit späteren Änderungen. Ein Erbverzicht ohne Gegenleistung unterliegt den §§ 75 bis 77 ARL (siehe Rdn 107 ff.). Die Gläubiger des Verzichtenden können (allein) im Falle des Verzichts eines bereits angefallenen Erbes, wenn der Verzichtende insolvent ist, nach Maßgabe der Bestimmungen des Insolvenzgesetzes den Verzicht anfechten.
Rz. 77
Ein Erbvorschuss liegt nach § 43 ARL vor, wenn ein Erbe vom Erblasser eine Leistung, die einen wirtschaftlichen Wert hat, empfangen hat und anzunehmen ist, dass dieser Wert später vom Erbteil des Erben abzuziehen ist. Für eine solche Annahme reicht ggf. auch eine stillschweigende Vereinbarung. Der Erblasser muss spätestens im Zeitpunkt der Vereinbarung zum Ausdruck bringen, dass es sich bei der Zuwendung um einen Erbvorschuss (und nicht um ein Geschenk unter Lebenden) handelt.
Rz. 78
Der Erbvorschuss, den ein gemeinsamer Abkömmling erhalten hat, wird – vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung – gem. § 44 Abs. 1 ARL so weit wie möglich vom Erbe nach dem zuerst verstorbenen Ehegatten abgezogen, wenn der Erbvorschuss aus Gemeinschaftsgut, Scheidungsvorbehaltsgut bzw. anderem Vorbehaltsgut (das beim Tod des Ehegatten Gemeinschaftsgut wird) besteht und zu Lebzeiten des überlebenden Ehegatten die Auseinandersetzung erfolgt. Ein vom zuerst verstorbenen Ehegatten errichtetes Testament muss in dem Umfang weichen, in dem die Vornahme eines entsprechenden Abzugs dies notwendig macht (§ 44 Abs. 2 ARL). Der Teil des Erbvorschusses, der nicht im Erbe des zuerst verstorbenen Ehegatten zum Abzug gelangt ist, muss vom Erbe nach dem überlebenden Ehegatten gem. § 44 Abs. 3 ARL abgezogen werden. Bei Teilung einer fortgesetzten Gütergemeinschaft nach dem Tod des überlebenden Ehegatten werden Vorschüsse an gemeinsame Kinder im Verhältnis zum Erbe nach dem jeweils Verstorbenen abgezogen (§ 44 Abs. 4 ARL). Die vorgenannten Regelungen gelten nach § 44 Abs. 5 ARL entsprechend für Erbvorschüsse, die von einem Ehegatten in fortgesetzter Gütergemeinschaft geleistet werden.
Rz. 79
Ein Erbvorschuss, den ein Ehegatte aus Gemeinschaftsgut, Scheidungsvorbehaltsgut bzw. anderem Vorbehaltsgut (das beim Tod des Ehegatten Gemeinschaftsgut wird) einem Stiefkind oder dessen Abkömmlingen zugewendet hat, wird von dem Erbe nach dem anderen Ehegatten zum Abzug gebracht, sofern vereinbart wurde, dass die Leistung ein Vorschuss auf das Erbe nach diesem sein soll (§ 45 ARL).
Rz. 80
Nach § 46 Abs. 1 ARL wird beim Abzug im...