Gerhard Ring, Line Olsen-Ring
I. Grundlagen
Rz. 69
Ein Erblasser kann sich nach § 68 ARL dazu verpflichten, kein Testament zu errichten oder zu widerrufen. Die Erklärung muss in Übereinstimmung mit den Regeln über die Testamentserrichtung erfolgen. Ist der Erblasser nicht voll geschäftsfähig (umyndig), müssen der Vormund und die Staatsverwaltung dazu ihre Einwilligung erteilen. Die Verpflichtungserklärung muss dem betroffenen Erben zur Kenntnis gebracht worden sein. In der Praxis erfolgt die Kenntnisnahme oft dadurch, dass die betroffenen Erben das eine Verzichtserklärung beinhaltende Testament mitunterschreiben.
Rz. 70
Das 15. Kapitel (§ 92 ARL) regelt die Permutation. Hat der Erblasser einem Erben eine bestimmte Verwendung der Erbschaft oder Einschränkungen in der Verfügungsmacht über dieselbe auferlegt, kann nach § 92 Abs. 1 ARL das Justizministerium oder eine von diesem ermächtigte Stelle beim Vorliegen besonderer Gründe Abweichungen vom Testament zulassen. Bei der Entscheidung sind vor allem der Zweck und der Charakter der testamentarischen Verfügung, geänderte Verhältnisse (auch gesellschaftlicher Anschauungen) seit Errichtung des Testaments, die Durchführbarkeit und Zweckmäßigkeit der Verfügung sowie die Rücksicht auf Belange des Erbens maßgeblich (§ 92 Abs. 2 ARL). Hat der Testator einen Testamentsvollstrecker eingesetzt, bedarf eine Änderung gem. § 92 Abs. 3 ARL grundsätzlich der Zustimmung des Testamentsvollstreckers.
Rz. 71
Nach dem 16. Kapitel (§ 93 ARL) – Schenkungen von Todes wegen u.A. (dødsgaver mv) – finden die Regelungen über Testamente entsprechende Anwendung auf
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Schenkungsversprechen, die zu Lebzeiten des Schenkers gemacht, aber erst nach dessen Tod erfüllt werden sollen, und |
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Schenkungen, die kurz vor dem Tod des Schenkers zu einem Zeitpunkt erfolgen, zu dem der Tod als kurz bevorstehend vermutet werden muss und der Schenker darum wusste. Letzteres gilt nicht für gewöhnliche Geschenke. Ob es sich bei einer Zuwendung um ein "gewöhnliches Geschenk" handelt, ist nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Schenkers im Zeitpunkt der Schenkung zu beurteilen sowie danach, was der Erblasser in der Vergangenheit schon im Wege von Schenkungen an andere übertragen hat. |
II. Arten letztwilliger Verfügungen
1. Testamente
Rz. 72
Es ist zwischen ordentlichen (siehe Rdn 83 ff.) und außerordentlichen Testamenten (siehe Rdn 88) zu unterscheiden.
Rz. 73
Gemeinschaftliche Testamente (siehe Rdn 89 ff.) sind möglich. Oft werden sog. gegenseitige Testamente (gensidige testamenter) errichtet, wonach die Testatoren sich gegenseitig als Erben einsetzen.
Rz. 74
Das 6. Kapitel (§ 40 ARL) ordnet die entsprechende Anwendbarkeit der §§ 6 bis 8 ARL (Übernahme von Nachlassgegenständen gegen Werteinschätzung, siehe Rdn 64 ff.) an, wenn ein Testamentserbe einen bestimmten Anteil an einem Nachlass erben soll, oder wenn einem Erben ein testamentarisches Vermächtnis zugedacht werden soll bzw. wenn er aufgrund einer Entscheidung des Nachlassgerichts Vermächtnisnehmer (nach Maßgabe von § 13 Abs. 3 DSL) geworden ist.
2. Erbverträge und Erbvorschuss
Rz. 75
Das 7. Kapitel (§§ 41 bis 47 ARL) regelt Erbverträge sowie den Erbvorschuss: Einem Erben ist es nach § 41 Abs. 1 ARL nicht gestattet, eine erwartete Erbschaft zu verkaufen, zu verpfänden oder auf andere Weise zu übertragen (Verbot eines dispositiven Erbvertrages). Zu Lebzeiten des Erblassers kann ein Erbe auch nicht ohne Zustimmung des Erblassers eine Vereinbarung mit Miterben hinsichtlich einer Übernahme von Nachlassaktiva treffen. Die Gläubiger eines Erben können gem. § 41 Abs. 2 ARL aus der erwarteten Erbschaft auch keine Befriedigung verlangen.
Rz. 76
Ein Erbe kann gem. § 42 Abs. 1 ARL (formlos, aber aus Beweisgründen vorzugsweise in Form einer schriftlichen Verzichtserklärung, die vom Erben und vom Erblasser unterschrieben wird) gegen oder ohne Vergütung auf eine erwartete oder bereits angefallene Erbschaft verzichten (Zulässigkeit eines renunziativen Erbvertrages). Der Verzicht auf eine erwartete Erbschaft ist – im Unterschied zum Verzicht auf ein bereits angefallenes Erbe – grundsätzlich nicht bedingungsfeindlich. Er ist nach § 42 Abs. 2 ARL gegenüber dem Erblasser bzw. bei fortgesetzter Gütergemeinschaft gegenüber dem überlebenden Ehegatten zu erklären. Die Erklärung des Verzichts auf ein bereits angefallenes Erbe hat im ARL keine gesetzliche Regelung erfahren. Es gelten daher die allgemeinen vermögensrechtlichen Grundsätze. Danach kann der Verzicht vor allem den Miterben, einem Nachlassverwalter bzw. dem Nachlassgericht gegenüber erklärt werden. Wird ein Verzicht von Gegenleistungen des Erblassers abhängig gemacht, setzt dies eine Annahme (und damit auch Testierfähigkeit) des Erblassers voraus. Ein Erbverzicht, der von keiner Bedingung abhängig gemacht wird, ist nach den Vorarbeiten zum ARL nicht annahmebedürftig. Ein Verzicht zeitigt auch Wirkungen für die Abkömmlinge des Verzichtenden, wenn deren Erbrecht nicht vorbehalten wurde (§ 42 Abs. 3 ARL). Der Verzichtende kann später seinen Erbverzicht einseitig aufheben. Der Erblasser kann seinerseits jederzeit den Verzicht des Erben ...