Gerhard Ring, Line Olsen-Ring
I. Nachlassverfahren
Rz. 140
Das Nachlassverfahren ist im Gesetz über das Nachlassverfahren (DSL; siehe Rdn 3) geregelt. Das Auseinandersetzungsverfahren, das terminologisch dem deutschen Nachlassverfahren entspricht, gestaltet sich wie folgt: Grundsätzlich werden nach § 7 DSL der/die nahen Verwandten des Verstorbenen kurz nach der Anmeldung eines Todesfalls von Amts wegen zu einer mündlichen Besprechung in die Nachlassabteilung des Stadtgerichts (skifteretten – nachstehend: Nachlassgericht) geladen. In der Praxis erfolgt die Besprechung allerdings oftmals telefonisch. Im Rahmen dieser Besprechung wird versucht, die Familien- und Vermögensverhältnisse des Verstorbenen abzuklären und auf dieser Grundlage die Form des Nachlassverfahrens zu bestimmen (§ 7 DSL). Das Nachlassgericht kann aber auch von der Terminierung einer mündlichen Besprechung absehen, bspw. dann, wenn ausreichende schriftliche Informationen vorliegen oder die Erben weit entfernt wohnen bzw. wenn diese sofort einen Anwalt eingeschaltet haben. Zuständig ist nach § 2 Abs. 1 DSL das Gericht am allgemeinen Gerichtsstand des Verstorbenen oder – im Falle einer Auseinandersetzung zu Lebzeiten des überlebenden Ehegatten – am allgemeinen Gerichtsstand des Überlebenden.
II. Nachlassabwicklung
Rz. 141
Grob skizziert kommen nach dem DSL folgende Möglichkeiten einer Nachlassabwicklung in Betracht:
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Abwicklung eines Nachlasses, ohne dass ein eigentliches Auseinandersetzungsverfahren stattfindet, bzw. |
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Abwicklung des Nachlasses aufgrund eines (eigentlichen) Auseinandersetzungsverfahrens. Unabhängig von der festgelegten Form des Nachlassverfahrens wird der Nachlass als selbstständiges Rechtssubjekt qualfiziert. |
Vermächtnisse sind im Rahmen der Nachlassabwicklung dann zu befriedigen, wenn die Frist zur Anmeldung von Forderungen gegen den Nachlass abgelaufen, der Nachlass nicht überschuldet ist und über ausreichende Mittel verfügt. Vermächtnisse müssen dabei spätestens gleichzeitig mit der Verteilung der übrigen Aktiva unter den Erben erfüllt werden. In der Rechtsliteratur wird angenommen, dass Vermächtnisse vor der Verteilung des freien Erbes zu verteilen sind, auch wenn dies den Umfang des freien Erbes beeinträchtigen sollte. Befindet sich ein zugewandter Gegenstand im Todeszeitpunkt nicht im Nachlass, fällt das Vermächtnis ersatzlos weg.
1. Abwicklung eines Nachlasses, ohne dass ein eigentliches Auseinandersetzungsverfahren stattfindet
a) Auszahlung des Nachlasses ohne Auseinandersetzungsverfahren
Rz. 142
Die Nachlassteilung ohne Auseinandersetzungsverfahren (boudlœg uden skiftebehandling) ist im 12. Kapitel DSL geregelt: wenn das Vermögen des Verstorbenen nach Abzug billiger Bestattungskosten, eventueller Ausgaben im Zusammenhang mit einer Sicherung von Nachlassaktiva, Ausgaben für vorübergehende Maßnahmen (die etwa bei Aushändigung des Nachlasses an einen vorübergehenden Nachlassverwalter entstanden sind), Kosten für die Werteinschätzung von Nachlassaktiva, Gebühren im Zusammenhang mit der Nachlassabwicklung sowie durch Pfandrechte oder in entsprechender Weise gesicherter Schulden nicht mehr als einen (jährlich vom Justizminister angepassten) geringen Betrag – der im Jahre 2023 die Summe von 49.000 DKK ausmacht – übersteigt. Der positive Saldo wird wegen des damit verbundenen Verwaltungsaufwands nicht an die Gläubiger verteilt, sondern – unter Berücksichtigung sozialer Billigkeitsgesichtspunkte – grundsätzlich an den oder diejenigen, die dem Verstorbenen am nächsten standen, ausgekehrt. Dafür müssen der oder die genannte(n) Person(en) die Bestattungskosten und die Kosten im Zusammenhang mit dem Nachlassverfahren tragen und ggf. die Wohnung des Verstorbenen räumen. Eine Pflicht, Schulden des Verstorbenen zu bezahlen, besteht hingegen nicht (näher § 19 DSL).
b) Auszahlung an den überlebenden Ehegatten
Rz. 143
Im 13. Kapitel (§§ 22 und 23) DSL ist die Auszahlung an den überlebenden Ehegatten (œgtefœlleudlœg) geregelt: Das Vermögen kann an den überlebenden Ehegatten ausbezahlt werden, wenn er dieses beantragt und es aus den Bestimmungen des ARL (Rdn 40) sowie des Gesetzes über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten (siehe Rdn 56) – die u.a. dem Ehegatten einen Mindestbetrag (im Jahre 2023: 850.000 DKK) vor der Zuteilung an andere Erben zusichern – folgt, dass nichts an weitere Erben zu verteilen ist, und der überlebende Ehegatte die Haftung für die Schulden des Verstorbenen übernimmt. Einem Lebenspartner, zu dessen Gunsten ein erweitertes Testament nach § 87 ARL errichtet worden ist (siehe Rdn 95), steht zwar ebenfalls das Recht auf einen Voraus nach Maßgabe von § 11 ARL zu (siehe Rdn 40). Er hat aber nach der Rechtsprechung kein Recht auf Nachlassauseinandersetzung nach den Bestimmungen über ægtefælleudlæg.
Rz. 144
Wenn das Nachlassvermögen bedeutend ist und die Interessen der Nachlassgläubiger dafürsprechen, kann das Nachlassgericht allerdings auch entscheiden, dass keine Auszahlung an den überlebenden Ehegatten stattfinden soll. Bei einer Annahme, der Verstorbene sei insolvent gewesen, kann der überlebende Ehegatte bzw. ein Gläubiger beim Nachlassgericht zudem eine Nachlassverwaltung beantragen (bobestyrerbo). ...