I. Gesamtrechtsnachfolge und Vererblichkeit des Nachlasses
Rz. 15
Der Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge regelt, dass das Vermögen des Erblassers insgesamt auf seine Erben übergeht. Der Übergang des Nachlasses vollzieht sich dabei automatisch (Von-Selbst-Erwerb). So bedarf es grundsätzlich keiner gesonderten Übergabe oder Besitzergreifung. Ebenso bedarf es keiner gesonderten Auflassung, so dass das Eigentum an Grundstücken auf den Erben übergeht, ohne dass eine Eintragung im Grundbuch erforderlich ist, denn das Grundbuch wird durch den Erbfall unrichtig. Dem Erben steht dann ein Berichtigungsanspruch zu. Die Gesamtrechtsnachfolge tritt – bis auf wenige Ausnahmen (Sondererbfolge, vgl. Rdn 61) – hinsichtlich des gesamten Nachlasses und des gesamten Vermögens des Erblassers ein. Neben der Sonderrechtsnachfolge sind auch Besonderheiten bei bestimmten Nachlassgegenständen zu berücksichtigen, so bspw. bei der Vererbung von Apotheken (vgl. Rdn 16) oder Waffen (vgl. Rdn 59). Ausgehend von einem speziellen Vermögensbegriff des Erbrechts ist im Zweifel eine Vererblichkeit der Vermögenswerte anzunehmen. Letztlich ist dies jedoch durch Auslegung der die Erbfolge regelnden Vorschrift zu ermitteln. Der gesetzliche Ausschluss der Übertragbarkeit eines Rechts kann dabei als Indiz gegen eine Vererblichkeit des Rechts sprechen, ebenso, wenn es sich um ein höchstpersönliches Recht des Erblassers handelt.
1. Apotheken/Arztpraxen
a) Apotheken
Rz. 16
Auch wenn der Übergang einer Apotheke grundsätzlich durch Universalsukzession in den Nachlass des Erblassers erfolgt, so gelten für die weitere Abwicklung Sondervorschriften nach dem Apothekengesetz (ApoG). Nach § 13 Abs. 1 ApoG steht dem Erben die Möglichkeit zu, die Apotheke für 12 Monate durch einen Apotheker verwalten zu lassen. Dieser führt die Apotheke auf Rechnung und im Namen der Erben. Als weitere Sonderregel sieht § 9 ApoG die Möglichkeit vor, dass die erbberechtigten Kinder oder der erbberechtigte Ehegatte die Apotheke verpachten (§ 9 Abs. 1 ApoG). Steht dem Erben kein Recht zur Verpachtung zu und besitzt er selbst keine Erlaubnis zum Betrieb der Apotheke, so muss diese nach Ablauf der 12 Monate verkauft werden.
Rz. 17
Den erbberechtigten Kindern steht gem. § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ApoG eine Verpachtung der Apotheke bis zu dem Zeitpunkt zu, in dem das jüngste der Kinder das 23. Lebensjahr vollendet hat. Wird vor Vollendung des 23. Lebensjahres durch eines der Kinder der Beruf des Apothekers ergriffen, dann kann die Frist verlängert werden bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Voraussetzungen für die Erlaubnis zur Führung einer Apotheke vorliegen. Dem überlebenden Ehegatten steht bis zu einer eventuellen Wiederverheiratung das Recht zur Verpachtung der Apotheke zu (§ 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 ApoG). Falls der Erblasser kein Testament hinterlassen hat und es zum Eintritt der gesetzlichen Erbfolge kommt, muss die Erbengemeinschaft i.R.d. ordnungsgemäßen Verwaltung gem. §§ 754, 2038 BGB die Verpachtung der Apotheke mit Stimmenmehrheit entscheiden. Zu beachten gilt es hierbei, dass wenn ein Miterbe die Voraussetzung des § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 oder Nr. 3 ApoG nicht erfüllt, das Recht zur Verpachtung der Erbengemeinschaft entfällt. Dem kann nur abgeholfen werden, wenn derjenige Miterbe, bei dem die Voraussetzungen nicht vorliegen, seinen Anteil auf die übrigen Miterben überträgt.
Rz. 18
Begünstigt nach § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ApoG sind grundsätzlich nur die Kinder, auch die adoptierten Kinder des Erblassers. Nicht unter die Vorschrift fallen die Enkel des Erblassers.
b) Arztpraxen
Rz. 19
Auch hinsichtlich von Arztpraxen gilt es im Erbfall Besonderheiten zu beachten, wenn wegen Überversorgung in bestimmten Gebieten eine Zulassungssperre durch den Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nach § 103 Abs. 1, 3a SGB V verhängt wurde.
2. Auftragsverhältnis/Auskunftsansprüche
Rz. 20
Die Ansprüche des Erblassers aus einem Auftragsverhältnis gehen grundsätzlich auf die Erben über. Im Einzelnen betrifft dies den Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung nach § 666 BGB, die Herausgabeverpflichtung nach § 667 BGB und ggf. die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gem. §§ 259, 260 BGB. Etwas anderes gilt nur, wenn die Ansprüche auf den Erblasser selbst beschränkt waren. Ob im konkreten Fall ein Auftragsverhältnis oder ein Gefälligkeitsverhältnis vorlag, hängt vom Einzelfall ab. War für den Auftragnehmer erkennbar, dass der Auftraggeber ein wesentliches Interesse an der Durchführung des Auftrags hatte, ist von einem Rechtsbindungswillen und nicht von einer Gefälligkeit auszugehen. Dabei spricht nach Ansicht des OLG Karlsruhe ein besonderes persönliches Vertrauensverhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer nicht gegen einen Auftrag i.S.v. § 662 BGB. Das OLG Köln verneint hingegen ein Auftragsverhältnis, wenn ein naher Angehöriger ...