1. Allgemeines
Rz. 86
Der Tod einer Prozesspartei führt grundsätzlich nicht zu einer Beendigung des Prozesses, vielmehr tritt nach § 239 ZPO eine Unterbrechung des Verfahrens bis zur Aufnahme durch den Erben ein. Dies gilt im Zivilprozess wie auch für das Mahn- oder Kostenfestsetzungsverfahren, nicht hingegen in Strafverfahren, die gegen den Erblasser gerichtet sind, oder bei Disziplinarverfahren. Ein Strafverfahren ist durch förmlichen Beschluss einzustellen. Allerdings steht den Erben die Möglichkeit zu, Forderungen nach dem Strafentschädigungsgesetz zu beanspruchen. Ein Strafantragsrecht steht hingegen nicht den Erben, sondern den nahen Angehörigen zu (§ 77 StGB). Hatte der Erblasser Prozesskostenhilfe beantragt, so endet mit seinem Tod das Bewilligungsverfahren, da dieses ausschließlich die persönlichen Verhältnisse des Erblassers erfasst. Sowohl für privat- als auch für öffentlich-rechtliche Rechtsstreitigkeiten gilt, dass ein Prozess auch dann nicht von selbst endet, wenn es sich bei dem geltend gemachten Anspruch um einen höchstpersönlichen Anspruch des Erblassers handelt. Das Verfahren endet durch Erledigterklärung der Erben. Anders im Falle des § 619 ZPO. Danach ist bei Tod eines Ehegatten die Hauptsache als erledigt anzusehen; das Gericht entscheidet dann über die Kosten gem. § 93a ZPO durch Beschluss.
2. Tod im Zivilprozess
a) Allgemeines
Rz. 87
Die §§ 239, 246, 325 ZPO regeln die Nachfolge in das Prozessverhältnis bei Tod einer Partei. Eine analoge Anwendung der Vorschriften auf Verfahren nach dem FamFG wird kritisch gesehen. Stirbt eine Prozesspartei zwischen Rechtshängigkeit und Rechtskraft der Entscheidung, so erfolgt ein gesetzlicher Parteiwechsel; der Erbe tritt in die Rechtsstellung des verstorbenen Erblassers ein. Liegt im Hinblick auf den Streitgegenstand eine sog. Sondererbfolge vor, so wird der Sonderrechtsnachfolger Partei i.S.d. §§ 293 ff. ZPO. Für die eintretende Partei gelten im Übrigen dieselben Beweislastregelungen wie für den Erblasser selbst. Hinsichtlich noch nicht abgelaufener prozessualer Fristen gilt, dass diese bei Aufnahme des Rechtsstreits durch den Erben neu beginnen (§ 249 ZPO). Neben dem Tod einer Partei kommt es auch beim Tod eines Streitgehilfen gem. § 69 ZPO zur Unterbrechung, nicht aber bei unselbstständigen Streithelfern gem. § 67 ZPO. Ist der Erblasser Beklagter und verstirbt er vor Eintritt der Rechtshängigkeit, scheidet ein Eintritt der Erben in die prozessuale Situation aus. War der Erblasser hingegen Kläger und verstirbt er vor Zustellung der Klage, so sind seine Erben als Kläger in den Rechtsstreit eingetreten. Die h.M. will aber entsprechend §§ 86, 246 ZPO verfahren, damit sich der Prozessvertreter vergewissern kann, ob die Erben mit ihm als Prozessvertreter die Angelegenheit fortführen wollen.
b) Rechtsnachfolger
Rz. 88
Rechtsnachfolger i.S.d. § 239 ZPO ist grundsätzlich der Erbe nach § 1922 BGB. Im Falle des Vorliegens einer Erbengemeinschaft ist jeder einzelne Miterbe Rechtsnachfolger. Wird der Rechtsstreit nur durch einen Miterben auf Klägerseite fortgeführt, so muss er grundsätzlich Leistung an alle Miterben verlangen (§ 2039 BGB). Auf Beklagtenseite kann der einzelne Miterbe den Rechtsstreit allein fortführen, wenn er gem. den §§ 1967, 2058 BGB als Gesamtschuldner haftet. Auch der Sonderrechtsnachfolger, wie bspw. der Nacherbe im Prozess des Vorerben, der Zessionar einer auf den Todesfall abgetretenen Forderung, der Bezugsberechtigte einer Lebensversicherung oder der Eigentümer beim Tod eines Nießbrauchsberechtigten, fällt unter § 239 ZPO und ist Rechtsnachfolger i.S.d. Vorschrift.
Rz. 89
Hat der Erblasser für seinen Nachlass Testamentsvollstreckung angeordnet, dann ist eine Aufnahme durch die Erben im Falle eines Aktivprozesses ausgeschlossen, da die der Verwaltung unterliegenden Nachlassforderungen nur durch den Testamentsvollstrecker geltend gemacht werden können (§ 2212 BGB). Der Gegner kann in diesem Fall den Testamentsvollstrecker durch Anzeige seiner Fortsetzungsabsicht in den Prozess hineinziehen. Liegt ein Passivprozess vor, dann steht § 243 ZPO einer Aufnahme des Prozesses durch die Erben nicht entgegen (§ 2213 BGB).
Rz. 90
Haben die Erben einer Einzelfirma alle Aktiva und Passiva des Firmenvermögens auf eine GmbH und Co.KG übertragen, findet § 239 ZPO keine Anwendung und der Rechtsstreit, der durch den Tod des früheren Einzelfirmeninhabers unterbrochen wurde, kann durch die GmbH und Co.KG nicht aufgenommen werden.