I. Abkömmlinge
Rz. 4
Abkömmlinge des Erblassers sind die mit ihm in gerader absteigender Linie verwandten Personen, seine Kinder, Enkel und Urenkel. Maßgebend für die ehelichen, nichtehelichen und adoptierten Kinder ist die rechtliche Abstammung nach dem jeweils geltenden Familienrecht. Änderungen im Familienrecht wirken sich daher auch unmittelbar auf das Erbrecht aus.
II. Kinder nicht verheirateter Eltern (nichteheliche Kinder)
Rz. 5
Unter einem nichtehelichen Kind versteht man den Abkömmling des Vaters. Nach der Mutter wurden "nichteheliche" Kinder rechtlich immer wie eheliche behandelt. Für Erbfälle seit dem 1.4.1998 ist ein nichteheliches Kind nunmehr grundsätzlich neben ehelichen Abkömmlingen voll erbberechtigt. Seit dem Erbrechtsgleichstellungsgesetz v. 16.12.1997 hat das nichteheliche Kind die gleiche erbrechtliche Stellung erlangt wie ein eheliches Kind und die Sonderregelungen über den Erbersatzanspruch nach §§ 1934a-1934e BGB wurden gestrichen. Seit dem zweiten Erbrechtsgleichstellungsgesetz (Art. 12 § 10 Abs. 2 S. 1 NEhlG zum 12.4.2011) sind nichteheliche Abkömmlinge auch dann den ehelichen Abkömmlingen gleichgestellt, wenn sie vor dem 1.7.1949 geboren wurden. Nicht erbberechtigt waren allerdings nach wie vor nichteheliche Kinder, wenn sie vor dem 1.7.1949 geboren wurden und der Erbfall vor dem 29.5.2009 eingetreten ist. Der BGH hält nunmehr aufgrund teleologischer Erweiterung auch ein Erb- und Pflichtteilsrecht nichtehelicher und vor dem 1.7.1949 geborener Kinder für zulässig und geboten, wenn eine Versagung des Erbrechts einen Verstoß gegen die Grundsätze der EMRK darstellt. Konkret ist daher im Einzelfall zu prüfen, ob die vom EGMR und vom BGH aufgestellten Kriterien zum Diskriminierungsverbot im Verhältnis zum Vertrauensschutz anderer Beteiligter eine Ungleichbehandlung rechtfertigen.
III. Feststellung der Vaterschaft
1. Allgemeines
Rz. 6
Die erbrechtlichen Wirkungen zwischen nichtehelichem Kind und Vater treten (mit Rückwirkung auf den Erbfall) erst nach Vaterschaftsanerkenntnis oder rechtskräftiger Vaterschaftsfeststellung ein (§§ 1594, 1600d Abs. 4 BGB). Zum Anerkenntnis ist die Zustimmung der Mutter in beurkundeter Form erforderlich (§§ 1595, 1597 BGB). Da das Gesetz seit dem 1.7.1998 – dem Inkrafttreten des KindRG vom 16.12.1997 – terminologisch nicht mehr unterscheidet zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern, sondern lediglich danach, ob die Eltern eines Kindes miteinander verheiratet sind oder nicht, hat dies auch Auswirkungen auf die Regeln über die Vaterschaftsvermutung.
Rz. 7
Die Vorschriften zur Vaterschaftsfeststellung sind zweigeteilt und unterscheiden danach, ob der Vater im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist – dann gelten §§ 1592 Nr. 1, 1593 BGB. Besteht keine Ehe mit der Mutter, gelten §§ 1592 Nr. 2 und 3, 1594–1598, 1600d und 1600e BGB. Vater eines Kindes ist demnach der Mann, der entweder im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet ist, die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft nach § 1600d BGB gerichtlich festgestellt ist. Stirbt der Vater vor der Geburt des Kindes und wird das Kind innerhalb von 300 Tagen nach dem Tod des Ehemannes der Mutter geboren, so gilt dieser ebenfalls als Vater (§ 1593 BGB).
Eine Vaterschaft kann nur festgestellt werden, wenn keine förmliche Vaterschaft besteht; diese ist ggf. zuvor anzufechten (vgl. Rdn 17).
Eine inzidente Prüfung der Vaterschaft in einem Erbprozess oder im Erbscheinsverfahren wird grundsätzlich als nicht zulässig angesehen.
2. Vaterschaft kraft Anerkennung
Rz. 8
Für nichteheliche Kinder erfolgt die Vater-Kind-Zuordnung durch Anerkennung gem. § 1592 Nr. 2 BGB. Nähere Voraussetzungen enthalten die §§ 1594–1598 BGB. Die Anerkennung ist ein einseitiges, zustimmungsbedürftiges Rechtsgeschäft, das nicht statusbegründend ist, sondern statusfestigend. Die Anerkennung ist so lange schwebend unwirksam, wie noch ein anderer Mann als Vater des Kindes gilt. Erst mit erfolgreicher Anfechtung der Vaterschaft des Schein-Vaters wird die Anerkennung des neuen Vaters wirksam.
3. Vaterschaft im Falle der Ehescheidung
Rz. 9
Wurde das Kind nach rechtskräftiger Scheidung geboren, so ist zur Bestimmung der Vaterschaft die Vaterschaftsanerkennung oder eine gerichtliche Vaterschaftsfeststellung erforderlich. Heiratet die Mutter vor der Geburt des Kindes wieder, so ist nach der Vermutungsregel des § 1592 Nr. 1 BGB die Vaterschaft des neuen Ehemannes anzunehmen. Wird das Kind nach Anhängigkeit des Scheidungsantrags, aber vor Rechtskraft der Scheidung geboren, so entfällt die Vaterschaftsvermutung in Bezug auf den Ehemann, wenn ein anderer Mann entweder während der Ehe oder binnen eines Jahres nach R...