aa) Voraussetzung
Rz. 13
I.R.d. erbrechtlichen Lösung ist bei der Erhöhung des gesetzlichen Erbteils des überlebenden Ehepartners zu beachten, dass der zusätzliche Erbteil (pauschale Zugewinn) durch einen Ausbildungsanspruch eines Stiefabkömmlings nach § 1371 Abs. 4 BGB, bei dem es sich um ein gesetzliches Vermächtnis handelt, belastet sein kann. Der zusätzliche Erbteil nach § 1371 Abs. 1 BGB kann daher nach § 1371 Abs. 4 BGB eine Ausbildungsfinanzierungspflicht der vom Erblasser stammenden Kinder mit sich bringen. Ein Ausbildungsanspruch nach § 1371 Abs. 4 BGB ist allerdings ausgeschlossen, wenn der überlebende Ehepartner Testamentserbe oder Vermächtnisnehmer wird. Berechtigt nach § 1371 Abs. 4 BGB sind die Abkömmlinge des verstorbenen Ehegatten, die nicht aus der durch den Tod aufgelösten Ehe stammten, sofern sie im konkreten Fall zur Erbschaft berufen sind. Voraussetzung ist demnach, dass zwischen den Stiefabkömmlingen und den überlebenden Ehegatten eine Erbengemeinschaft aufgrund gesetzlichen Erbrechts besteht. Ferner ist Voraussetzung für den Anspruch, dass eine Ausbildungsbedürftigkeit vorliegt, der Abkömmling also außer Stande ist, seine Ausbildung mit eigenen Mitteln zu finanzieren.
bb) Umfang
Rz. 14
Der Umfang des Ausbildungsanspruchs bestimmt sich nach den §§ 1602, 1610 BGB. Er umfasst neben dem Ausbildungsanspruch auch die Lebenshaltungskosten. Anders hingegen im Rahmen einer Schulausbildung. Hier bezieht sich der Anspruch nur auf die Übernahme der unmittelbaren Ausbildungskosten. Eigenes Vermögen eines Stiefabkömmlings schließt im Übrigen eine Bedürftigkeit aus und ist vorrangig zu verwerten. Der Grundsatz, dass der Vermögensstamm nicht zu verwerten ist (§ 1602 Abs. 2 BGB), findet keine Anwendung, so dass das ererbte Vermögen eingesetzt werden muss. Eine zumutbare Erwerbstätigkeit schließt einen Anspruch nach § 1371 Abs. 4 BGB aus. In dem Fall, dass noch ein leistungsfähiger leiblicher Elternteil des Stiefabkömmlings vorhanden ist, beschränkt sich der Anspruch auf den Umfang und den Teil der Ausbildungskosten, den der Erblasser zu tragen gehabt hätte. Der Anspruch richtet sich auf eine Geldleistung, wobei der Abkömmling keinen Anspruch auf Zahlung der gesamten Ausbildungskosten im Voraus hat. Anderes gilt nur dann, wenn ein besonderer Grund vorliegt, bspw. dass der verpflichtete Ehegatte verschwenderisch lebt und ein Vermögensverfall zu befürchten ist. Der Anspruch nach § 1371 Abs. 4 BGB entsteht mit der Bedürftigkeit des Stiefabkömmlings, also nicht unmittelbar mit dem Erbfall, wenn der Stiefabkömmling zum Zeitpunkt des Todes noch über Eigenvermögen verfügt, später aber dann bedürftig wird. Steht mehreren Abkömmlingen ein Ausbildungsanspruch zu, so ist eine proportionale Beteiligung vorzunehmen.
cc) Durchsetzung und Prozessuales
Rz. 15
Der Anspruch des Stiefabkömmlings ist unpfändbar (§ 850a Nr. 6 ZPO), hat unterhaltsrechtlichen Charakter und verjährt nach drei Jahren (§§ 139, 195, 197 Abs. 2 BGB). Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach § 28 ZPO bzw. §§ 12, 13 ZPO. Da es kein familienrechtlicher Anspruch ist, ist eine ausschließliche sachliche Zuständigkeit des FamG nicht gegeben.