Gesetzestext
1Gehört der überlebende Ehegatte zu den erbberechtigten Verwandten, so erbt er zugleich als Verwandter. 2Der Erbteil, der ihm auf Grund der Verwandtschaft zufällt, gilt als besonderer Erbteil.
A. Allgemeines
Rz. 1
S. 1 hat lediglich klarstellende Funktion. Diese Vorschrift spricht, wie auch § 1927 BGB, eine Selbstverständlichkeit aus. Aufgrund der Vorschrift des § 1931 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 BGB hat die Regelung geringe praktische Bedeutung.
B. Tatbestand bzw. Anwendungsbereich
Rz. 2
Gem. § 1307 S. 1 BGB darf eine Ehe zwischen Verwandten in gerader Linie sowie zwischen vollbürtigen und halbbürtigen Geschwistern nicht geschlossen werden. Aufgrund dieser Vorschrift ist ein Zusammentreffen von Ehegattenerbrecht und Verwandtenerbrecht nach der ersten Ordnung ausgeschlossen. Ein derartiger Fall (jedoch nur theoretisch) ist nur möglich, wenn das Eheverbot zum einen nicht beachtet worden wäre und zum anderen eine Aufhebung der Ehe nicht erfolgt ist. In den Fällen, in denen der Ehegatte der dritten Ordnung, d.h. als Abkömmling von Großeltern des Erblassers, oder einer ferneren Ordnung angehört, schließt er sich gem. § 1931 Abs. 1 S. 2 oder Abs. 2 BGB von der Verwandtenerbfolge aus (z.B. bei einer Ehe zwischen Cousin und Cousine). In diesem Falle steht dem überlebenden Ehegatten ein einheitlicher Ehegattenerbteil zu. Das Erbrecht als Angehöriger der vierten oder einer höheren Ordnung entfällt wegen des Alleinerbrechts des Ehegatten nach § 1931 Abs. 2 BGB. Unter die Vorschrift des § 1934 BGB fallen demgemäß nur solche Ehen, die seitens des überlebenden Ehegatten mit Onkel oder Tante bzw. Großonkel oder Großtante geschlossen wurden. Nur bei dieser Konstellation kann der überlebende Ehegatte auf der einen Seite als Ehegatte und zugleich als Erbe zweiter Ordnung berufen sein. Als Erbe zweiter Ordnung ist er dann berufen, wenn der Erblasser keine Abkömmlinge hinterlässt. Ist der Neffe bzw. die Nichte vorverstorben, kommt wieder § 1931 Abs. 1 S. 2 BGB zum Zuge, denn Tante bzw. Onkel sind Abkömmlinge von Großeltern des Erblassers.
C. Rechtsfolgen
Rz. 3
Ist der überlebende Ehegatte zugleich erbberechtigter Verwandter, so fallen Ehegattenerbteil und Verwandtenerbteil nebeneinander an. Die Nichte, die mit einem Onkel (= Erblasser) im Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet ist, erhält für den Fall, dass nur ein Neffe des Erblassers vorhanden ist, zum einen den Ehegattenerbteil von ¾ (§ 1931 Abs. 1 und 3 BGB, § 1371 Abs. 1 BGB). Daneben erhält sie nochmals ⅛ als Erbin der zweiten Ordnung (§ 1925 Abs. 1 und 3 BGB). Es handelt sich jeweils um besondere Erbteile. Daraus folgt, dass der Ehegatte seinen Erbteil als Ehegatte ausschlagen, jedoch den Verwandtenerbteil annehmen kann. Ist eine Ausschlagung des Ehegattenerbteils erfolgt, kann der überlebende Ehegatte, wenn die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, den güterrechtlichen Zugewinnausgleich verlangen.
D. Anwendbarkeit auf das Erbrecht des Lebenspartners
Rz. 4
§ 10 Abs. 1 S. 6, 7 LPartG enthält eine entsprechende Reglung i.S.v. § 1934 BGB. Auch hier sind Konstellationen möglich, die zu einer Erbberechtigung sowohl als Lebenspartner als auch als Verwandter führen können. Es sind Lebenspartnerschaften zwischen Onkel und Neffe, Tante und Nichte, ebenso zwischen zwei Cousinen oder zwei Cousins zulässig. Derartige Fälle führen dazu, dass der Lebenspartner zugleich zu den gesetzlich erbberechtigten Verwandten gehört. Dies kann – im Gegensatz zur Ehe – auch bei einer Lebenspartnerschaft zwischen Cousinen oder Cousins eintreten, da der überlebende Lebenspartner die Abkömmlinge vorverstorbener Großeltern nicht ausschließt, solange noch ein Großelternteil lebt. Wenn Verwandte eine Lebenspartnerschaft eingehen können, steht dem überlebenden Partner somit sowohl ein Verwandtenerbteil als auch ein Lebenspartnererbteil zu.
Literaturtipps
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Literatur |
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Leipold, Die neue Lebenspartnerschaft aus erbrechtlicher Sicht, insbesondere bei zusätzlicher Eheschließung, ZEV 2001, 218; |
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v. Dickhuth-Harrach, Erbrecht und Erbrechtsgestaltung eingetragener Lebenspartner, FamRZ 2001, 1660. |