I. Allgemeines
Rz. 7
Alles, was Inhalt einer Leistung sein kann, kann auch Gegenstand eines Vermächtnisses sein. Nach den allg. Definitionen zu den Begriffen Anspruch und Leistung (§§ 194, 241 BGB) kann eine Leistung in einem Tun oder Unterlassen bestehen, wobei eine weitere Eingrenzung in Bezug auf den Inhalt des Tuns oder Unterlassens nicht erforderlich ist. § 1939 BGB spricht zwar von der Zuwendung eines Vermögensvorteils. In dieser Formulierung ist jedoch keine Eingrenzung des Gegenstands der Zuwendung zu sehen. Der Begriff des Vermögensvorteils ist zum einen weit auszulegen, zum anderen ist er auch auf mittelbare Vermögensvorteile zu erstrecken. Ein derartiger Vorteil ist bspw. darin zu sehen, dass ein Erbe verpflichtet ist, von der ihm zustehenden Verfügungsmacht, z.B. ein Grundstück zu belasten, keinen Gebrauch zu machen. Es ist nicht entscheidend, ob der zugewandte Gegenstand für den Bedachten einen Vermögenswert darstellt. Auch solche Stücke (Erinnerungsstücke, Gebrauchsrechte), die keinen Geldwert haben, können vermächtnisweise zugewandt werden. Das Vorliegen einer Bereicherung im wirtschaftlichen Sinne ist nicht erforderlich. Auch der Anspruch auf Abschluss eines Vertrages oder das Recht zum entgeltlichen Erwerb eines Grundstückes kann einen Vermögensvorteil darstellen. Des Weiteren ist es nicht erforderlich, dass der Bedachte den Vorteil auf Dauer erhält. Dem Erben kann die Verfügungsbefugnis allerdings nicht durch Vermächtnis entzogen werden. Dies kann der Erblasser nur durch die Anordnung einer Testamentsvollstreckung erreichen. Nicht übertragbare, dem Erblasser gehörende höchstpersönliche Rechte, wie z.B. das Nießbrauchsrecht oder eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit, können nicht Gegenstand eines Vermächtnisses sein. Es besteht allerdings die Möglichkeit, diese im Wege des Verschaffungsvermächtnisses zuzuwenden.
II. Unentgeltlichkeit
Rz. 8
Der Anspruch auf die Leistung fällt dem Vermächtnisnehmer ohne Gegenleistung an. Das Vermächtnis ist insoweit unentgeltliche Zuwendung. Dieser unentgeltliche Erwerb eines Anspruchs braucht hingegen nicht auf den vermachten Gegenstand ausgedehnt zu werden. So kann bspw. ein Anspruch auf Abschluss eines Vertrages zugewandt werden, der seinem Inhalt nach jedoch entgeltlicher oder unentgeltlicher Natur sein kann.
III. Einzelne Gegenstände
Rz. 9
Alles, was durch Leistung übertragen oder begründet werden kann, kann vermächtnisweise vermacht werden. Dies kann sein: ein Geldbetrag, Übertragung einer beweglichen oder unbeweglichen Sache, Zuwendung eines Nießbrauchs oder eines Wohnungsrechts, Anspruch auf dingliche Sicherung eines Rechts, Übernahmerecht, Anspruch auf Erlass einer Forderung, Zuwendung von Gesellschaftsanteilen, Anspruch auf Abschluss eines schuldrechtlichen Vertrages (Kaufvertrag oder Mietvertrag) oder die Versorgung einer Person.
IV. Eigenes Vermögen
Rz. 10
Der Erblasser kann zwar grundsätzlich i.R.d. Testierfreiheit über sein eigenes Vermögen Verfügungen treffen. Dies schließt allerdings nicht aus, dass der vermachte Gegenstand im Zeitpunkt des Eintritts des Erbfalls nicht zum Nachlass gehört. Das zugewandte Vermächtnis kann auch auf Verschaffung gerichtet sein (Verschaffungsvermächtnis). Der Bezug zum Vermögen des Erblassers besteht darin, dass die Beschaffung des zugewandten Gegenstands aus Mitteln des Nachlasses zu erfolgen hat.
V. Bestimmung im Testament
Rz. 11
Der Gegenstand des Vermächtnisses muss im Testament nicht abschließend bestimmt sein. Auch Wahlvermächtnisse (§ 2154 BGB), Gattungsvermächtnisse (§ 2155 BGB) bzw. Zweckvermächtnisse (§ 2156 BGB) sind zugelassen. Bei den vorgenannten Vermächtnissen obliegt die Bestimmung des vermachten Gegenstands dem Beschwerten, dem Bedachten oder einem Dritten.
VI. Weitere Arten von Vermächtnissen
Rz. 12
Neben den oben (siehe Rdn 11) aufgezählten Vermächtnisarten sowie dem Verschaffungsvermächtnis (vgl. Rdn 10) und dem Vorausvermächtnis unterscheidet man weiterhin: (1) Stückvermächtnis, d.h. ein bestimmter Gegenstand ist vermacht (§ 2169 BGB); (2) Forderungsvermächtnis, d.h. der zugewendete Vermögensvorteil ist eine Forderung des Erblassers (§ 2173 BGB); (3) Universalvermächtnis (= der gesamte nach Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten verbleibende Nachlass soll dem Zuwendungsempfänger zustehen); (4) Quotenvermächtnis (= ein Bruchteil des verbleibenden Nachlasses ist vermacht); (5) Pflichtteilsvermächtnis (= ein Geldbetrag i.H.d. Pflichtteils ist zugewandt); (6) Untervermächtnis (§§ 2186, 2187 BGB); (7) Ersatzvermächtnis (§ 2190 BGB); (8) Nachvermächtnis (§ 2191 BGB); (9) Pflegevergütungsvermächtnis. Vgl. hierzu die Kommentierung bei den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften.