Rz. 9

Nach den allg. Regeln kommt auch gesetzliche Vertretung in Betracht: Für den minderjährigen vorläufigen Erben gelten die allg. Vorschriften der §§ 104 ff., 111 BGB i.V.m. § 1629 Abs. 1 BGB. Erben, die im Zeitpunkt der Annahmeerklärung das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bedürfen also der Einwilligung ihrer Eltern; wegen § 111 BGB ist eine nachträgliche Genehmigung nicht ausreichend. Allerdings wird im Einzelfall eine Genehmigung in eine Annahmeerklärung des gesetzlichen Vertreters umgedeutet werden können.[21] Hinsichtlich der Ausschlagung muss, sofern eine juristische Person Erbe geworden ist, die Ausschlagung durch den Vertreter in vertretungsberechtigter Zahl erfolgen.[22] Die Grundsätze der Anscheins- und Duldungsvollmacht finden dabei keine Anwendung.[23]

 

Rz. 10

Das Vertretungsrecht der Eltern zur Erklärung der Annahme für das Kind ist auch nicht ausgeschlossen, wenn die Eltern neben dem Kind zu Erben berufen sind. Wegen der Nicht-Empfangsbedürftigkeit der Annahmeerklärung steht § 181 BGB insoweit nicht entgegen.[24] Soweit eine Ergänzungspflegschaft für den vorläufigen Erben angeordnet ist (§§ 1909 ff. BGB), ist der Pfleger zur Vertretung (Einwilligung) berufen.

 

Rz. 11

Ob die Geschäftsfähigkeit des Erben bzw. das Einwilligungserfordernis der Eltern auch bei der Fiktion der Annahme durch Fristablauf (§§ 1943 Hs. 2 BGB) erforderlich ist, hängt dogmatisch davon ab, ob es sich bei § 1943 Hs. 2 BGB um eine Fiktion auf der Grundlage von Tatsachen oder um eine bloße Auslegungsregel für (stillschweigende) Willenserklärungen handelt. Die wohl h.M. folgt schon wegen des Wortlautes von § 1943 Hs. 2 BGB zu Recht der ersten Auffassung.[25] Konsequenterweise muss eine Annahme durch Fristablauf dann unabhängig von der Geschäftsfähigkeit des Erben bzw. Einwilligung der Eltern eintreten.[26] Der Schutzbedürftigkeit Geschäftsunfähiger wird dadurch hinreichend Rechnung getragen, dass für den Beginn der Ausschlagungsfrist auf die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters von der Berufung des Geschäftsunfähigen abzustellen ist. Eine Genehmigung des Familien- bzw. Betreuungsgerichts ist aber in jedem Fall nicht erforderlich.[27] Bei Eheleuten ist die Zustimmung des Ehegatten für die Annahme einer Erbschaft durch den anderen Ehegatten nicht notwendig (§ 1432 Abs. 1 S. 1 BGB).[28]

[21] Soergel/Stein, § 1943 Rn 6.
[22] Burandt/Rojahn/Najdecki, § 1943 Rn 10.
[23] Burandt/Rojahn/Najdecki, § 1943 Rn 10; OLG Bremen NJW-RR 2015, 1096.
[24] Damrau, Der Minderjährige im Erbrecht, § 4 Rn 16 m.w.N.
[25] Staudinger/Otte, § 1943 Rn 15; Pohl, AcP 177, 52, 58 ff.; Soergel/Stein, § 1943 Rn 8; nicht eindeutig BGH ZErb 2000, 232, 234.
[26] So i.E. auch Soergel/Stein, § 1943 Rn 8; wohl auch Staudinger/Otte, § 1943 Rn 15; dagegen BGH ZErb 2000, 232, 234.
[27] BayObLG Rpfleger 1996, 455; Erman/J. Schmidt, § 1943 Rn 7; Soergel/Stein, § 1942 Rn 6.
[28] Erman/J. Schmidt, § 1943 Rn 7; Soergel/Stein, § 1943 Rn 6.

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