Rz. 9
Unabhängig von der tatsächlichen Kenntnis vom Inhalt einer letztwilligen Verfügung bestimmt Abs. 2 S. 2, dass die Ausschlagungsfrist frühestens mit der Bekanntgabe der letztwilligen Verfügung beginnt. Eine frühere Kenntnis des Inhalts der letztwilligen Verfügung löst die Frist nicht aus. Nach § 348 FamFG steht es dem Nachlassgericht frei, zwischen einem Verkündungstermin und der schriftlichen Bekanntgabe zu wählen. Demnach beginnt die Ausschlagungsfrist im Falle der Eröffnung von Testamenten oder Erbverträgen frühestens mit der mündlichen oder schriftlichen (stillen) Bekanntgabe der Verfügung durch das Nachlassgericht.
Rz. 10
Dem Wortlaut des neu gefassten § 1944 BGB ist nicht zu entnehmen, ob es für den Fristbeginn auf die Bekanntgabe gegenüber dem konkreten Ausschlagungsberechtigten ankommt. Richtigerweise muss dies bejaht werden. Zur alten Rechtslage hatte der BGH bereits entschieden, dass für den Fristbeginn durch Verkündung ein Verkündungstermin stattzufinden habe, zu welchem der vorläufige Erbe auch geladen sein musste; nur auf diese Weise könne die Abs. 2 S. 2 a.F. immanente Unterrichtungsfunktion Wirkung entfalten und dem vorläufigen Erben eine ausreichend gesicherte Kenntnisnahme vom Anfall der Erbschaft und Grund der Berufung ermöglichen. Überträgt man diesen Rechtsgedanken auf Abs. 2 S. 2 n.F. so kann die ausreichende Unterrichtung nur durch die amtliche Mitteilung des Testamentsinhalts gegenüber dem vorläufigen Erben erfolgen, sodass die Ausschlagungsfrist frühestens mit der schriftlichen oder bei festgesetzten Verkündungstermin und Ladung des Ausschlagungsberechtigten mit der mündlichen Testamentsbekanntgabe gegenüber dem vorläufigen Erben beginnt. Ein Abstellen auf die amtliche Bekanntgabe setzt jedoch voraus, dass diese auch tatsächlich stattfinden kann, andernfalls ist auf die tatsächliche Kenntnis abzustellen. Dies ist dann der Fall, wenn der vorläufige Erbe selbst im Besitz der letztwilligen Verfügung ist und diese unter Verstoß gegen § 2259 BGB nicht abliefert oder die Testamentsurkunde unauffindbar oder vernichtet ist. In diesem Fall löst die Kenntnis gem. § 1944 Abs. 2 S. 1 BGB und im letzteren Fall zusätzlich Wissen um die Unmöglichkeit der Bekanntgabe die Anfechtungsfrist aus. Ist nur noch eine Ausfertigung der letztwilligen Verfügung vorhanden (§ 46 BeurkG), beginnt die Ausschlagungsfrist mit Bekanntgabe der Ausfertigung. Weitere Voraussetzung ist, dass für die Bekanntgabe der letztwilligen Verfügung ein inländisches Gericht zuständig ist. Verfügungen auf den zweiten Todesfall, welche mit der Bekanntgabe eines gemeinschaftlichen Testaments gemäß § 349 Abs. 1 FamFG zwingend erfolgen müssen, gelten im Hinblick auf die Verfügungen des zweiten Todesfalls nicht als amtlich bekannt gemacht.