Rz. 2
Dem vorgenannten Regelungszweck stehen Befristungen und rechtsgeschäftliche Bedingungen entgegen. Unzulässig sind dabei jedoch nur rechtsgeschäftliche, sog. echte Bedingungen. Gemeint sind damit inhaltliche Bedingungen i.S.v. § 158 BGB, die die Wirksamkeit der Erklärung (Annahme oder Ausschlagung) an den Eintritt eines bestimmten zukünftigen Umstandes knüpfen. Bloße Motive (Beweggründe) sind insoweit unbeachtlich und unschädlich. Auch reine Rechtsbedingungen sind zulässig. Rechtsbedingungen sind solche, die an objektive Voraussetzungen für das Erbrecht anknüpfen, die im Zeitpunkt der Erklärung für den Erklärenden aber nur subjektiv unsicher sind. Letztere beeinträchtigen die Rechtssicherheit nicht, da ein Schwebezustand objektiv nicht eintritt.
Rz. 3
Die Abgrenzung von Motiven, Rechtsbedingungen und schädlichen Bedingungen kann im Einzelfall problematisch sein. Eine schädliche Bedingung liegt etwa vor, wenn für den Fall ausgeschlagen wird, dass der Nachlass nicht überschuldet ist. Eine zulässige Rechtsbedingung liegt dagegen vor bei Annahme für den Fall, Erbe zu sein oder dass ein zuvor Berufener ausschlägt. Auch die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft für den Fall eines bestimmten Berufungsgrundes (§ 1948 BGB) ist als Rechtsbedingung (Gegenwartsbedingung) zulässig, da ein unsicherer Schwebezustand hier objektiv nicht eintreten kann.
I. Ausschlagung zugunsten Dritter
Rz. 4
Schlägt der vorläufige Erbe zugunsten eines bestimmten Dritten aus, so ist zu ermitteln, ob dies nur als unbeachtliches Motiv oder als unzulässige Bedingung zu verstehen ist. Ausschlagungserklärungen zugunsten Dritter sind möglich, wenn deren Benennung bloßes Motiv für die Ausschlagung ist. Ausschlagungserklärungen zugunsten Dritter sind nach §§ 158, 1947 BGB jedoch insgesamt unwirksam, wenn sie nur gelten sollen, wenn der begünstigte Dritte die Erbschaft auch erhält oder deren Annahme erklärt. Ausschlagungen zugunsten eines Dritten, wenn dieser ohnehin Erbe ist oder wird (§ 1953 Abs. 2 BGB), sind dagegen zulässig, sog. Gegenwartsbedingung. Dabei wird jedoch zu beachten sein, dass der Dritte gerade für den ausgeschlagenen Erbteil zum Erben berufen sein muss.
II. Sonderfälle der "bedingten Ausschlagung"
Rz. 5
Unter dem Begriff der bedingten Ausschlagung werden Fallgruppen diskutiert, bei denen streitig ist, ob noch von Rechtsbedingungen ausgegangen werden kann oder nicht. Diese Fallgruppen haben in der rechtsanwaltlichen Beratung besondere Bedeutung. Strebt der die Ausschlagung erklärende vorläufige Erbe die Entstehung eines Pflichtteilsanspruchs – etwa nach §§ 1371 Abs. 3, 2305 oder § 2306 Abs. 1 S. 2 BGB – an, so kann für ihn im Zeitpunkt der Ausschlagung unsicher sein, ob wirklich ein Pflichtteilsanspruch erwächst. Hier wird die Ausschlagung unter dem Vorbehalt des Pflichtteils von weiten Teilen der Lit. für zulässig gehalten. Diese Ansicht der Lit. überzeugt. Mit Blick auf den Schutzzweck der Norm des § 1947 BGB führt die Unsicherheit aus der Unkenntnis rechtlicher Voraussetzungen für die Entstehung eines Pflichtteilsanspruchs nicht zu einem objektiv unsicheren Schwebezustand. Deswegen wird man bei einer auf die Entstehung eines Pflichtteilsanspruchs bedingten Ausschlagung von einer zulässigen Gegenwartsbedingung ausgehen können.
Rz. 6
So liegt der Fall insbesondere bei § 1371 Abs. 3 BGB, wenn unsicher ist, ob der gesetzliche Güterstand gewählt war oder ein Ehevertrag bestand. Auch der Fall, dass der Wert des dem Erklärenden hinterlassenen Erbteils (§ 2306 Abs. 1 S. 2 BGB a.F.) unbekannt war, gehört hierher. Und auch der Fall, dass die Auslegung eines Ehegattentestaments dahingehend unklar ist, ob ein Berliner Testament (§ 2269 BGB) vorliegt oder der Erblasser den Ehegatten nur zum Vorerben einsetzen wollte, liegt entsprechend. In diesem Fall wird für den Ehegatten daher zu Recht die insoweit bedingte Ausschlagung (§ 1371 Abs. 3 BGB) angeraten. Ähnlich liegt die Problematik schließlich in den Fällen, in denen der die Ausschlagung erklärende vorläufige Erbe ein Vermächtnis erlangen will. Ist hier die Auslegung der letztwilligen Verfügung dahingehend unsicher, ob ein Vorausvermächtnis oder eine Teilungsanordnung vorliegt, und stellt sich später heraus, dass nur eine Teilungsanordnung gewollt war, so wäre dies für den Erklärenden ungünstig. Auch in diesen Fällen ist eine insoweit bedingte ...