Gesetzestext
1Die Annahme und die Ausschlagung können nicht auf einen Teil der Erbschaft beschränkt werden. 2Die Annahme oder Ausschlagung eines Teils ist unwirksam.
A. Allgemeines
Rz. 1
Die Norm des § 1950 BGB stellt – anknüpfend an §§ 1942 f. BGB – klar, dass teilweise Annahmen oder Ausschlagungen grundsätzlich unwirksam sind. Diese Norm sichert damit auch das Prinzip der Universalsukzession (§ 1922 BGB) und ist deswegen durch den Erblasser auch nicht abdingbar.
B. Tatbestand
Rz. 2
In Abgrenzung zu dem Wahlrecht der Berufungsgründe (§ 1948 BGB) und der Erbteile (§ 1951 BGB) stellt § 1950 BGB mit dem Tatbestandsmerkmal des "Teils der Erbschaft" auf die dinglichen Nachlassgegenstände oder Bruchteile ab. § 1950 BGB verhindert damit, dass sich ein Erbe die besten Erbschaftsgegenstände heraussucht (cherry-picking) und den Rest – insbesondere die Nachlassschulden – anderen überlässt. Die Angabe von Motiven für Annahme oder Ausschlagung, die auf den Anfall bestimmter Nachlassgegenstände (oder des Pflichtteils) abstellen, ist unbeachtlich und unschädlich.
I. Sonderfall der "bedingten Ausschlagung"
Rz. 3
I.R.d. § 1950 BGB sind auch die Fälle der bedingten Ausschlagung – insbesondere die Ausschlagung unter Vorbehalt des Pflichtteils (§ 1371 Abs. 3 und § 2306 Abs. 1 S. 2 BGB) – erneut zu diskutieren (vgl. § 1947 Rdn 5 ff.). Eine weit verbreitete Ansicht spricht sich in diesen Fällen auch für die Anwendbarkeit von § 1950 BGB aus und lässt die bedingte Ausschlagung – neben § 1947 BGB – hieran scheitern. Dieses wird richtigerweise in der Lit. und Rspr. mit überzeugenden Argumenten bestritten. Das Pflichtteilsrecht ist ein Anspruch und damit kein tatbestandlicher Teil der Erbschaft. Im Übrigen geht es bei der bedingten Ausschlagung nicht um Teile der Erbschaft, sondern um die Erbenstellung selbst. Die bedingte Ausschlagung in Bezug auf die Entstehung eines Pflichtteilsrechts oder bspw. eines Vermächtnisses ist daher auch nach § 1950 BGB wirksam. Beide Auffassungen werden jedoch in der Regel zu der Wirksamkeit der Erklärung nach § 1950 BGB kommen, wenn die Erlangung des Pflichtteils ohnehin nur bloßes Motiv der Erklärung war.
II. Rechtsfolge
Rz. 4
In der Rechtsfolge erklärt S. 2 teilweise Annahmen oder Ausschlagungen für unwirksam. In der Praxis ist besonders zu berücksichtigen, dass über § 1943 BGB in diesen Fällen dann letztlich die ganze Erbschaft anfällt.
C. Sonderregelungen
I. Vermächtnis/Pflichtteil
Rz. 5
Über § 2180 Abs. 3 BGB greift § 1950 BGB auch für das Vermächtnis.
II. Höferecht
Rz. 6
Der Hof ist Teil der Erbschaft i.S.d. § 1950 BGB. Der Hoferbe, der auch zumindest Miterbe des übrigen Nachlasses ist, kann daher nicht den Hof annehmen und den Rest ausschlagen, wohl aber umgekehrt.
III. Sonstiges
Rz. 7
Als Sonderregelungen sind ferner § 1951 Abs. 1–3 BGB und § 1952 Abs. 3 BGB zu berücksichtigen. Für den ausschlagenden Ehegatten ist ferner § 1371 Abs. 3 BGB zu beachten, wonach Zugewinnausgleich trotz Erbausschlagung verlangt werden kann. Für den Miterben gilt ferner § 2033 BGB. Bei der erbrechtlichen Nachfolge in Personengesellschaften (sog. erbrechtliche Lösung) erwirbt der Erbe den Gesellschaftsanteil zusammen mit den anderen Bestandteilen der Erbschaft und kann diese nur einheitlich ausschlagen oder annehmen.