I. Anfechtungsfristen
Rz. 7
Die Anfechtungsfrist und der Beginn der Anfechtungsfrist bestimmen sich abweichend von §§ 121, 124 BGB durch die spezielleren Regelungen des § 1954 BGB. Die Anfechtungsfrist beträgt sechs Wochen (Abs. 1 Hs. 2), bei Auslandsbezug sechs Monate (Abs. 3). Die Frist beginnt im Fall einer Anfechtung wegen Drohung mit dem Wegfall der Zwangslage (Abs. 2 S. 1), im Übrigen – und damit in der Praxis überwiegenden Zahl der Fälle – mit Kenntnis des Anfechtungsgrundes. Erforderlich ist positive Kenntnis, fahrlässiges Nichtwissen reicht nicht aus. Für diese Kenntnis ist eine Kenntnis des Anfechtungsrechts nicht erforderlich, es genügt die Kenntnis der das Anfechtungsrecht begründenden tatsächlichen Gründe. Zu beachten ist, dass bei gesetzlichen Stellvertretern in Bezug auf die Kenntnis von den Anfechtungsgründen nach § 166 Abs. 1 BGB auf den Wissenshorizont des Vertreters abzustellen ist. Hat der Erbe die Erbschaft durch Versäumen der Ausschlagungsfrist angenommen (§ 1943 BGB), so beginnt die Ausschlagungsfrist schon mit Kenntnis von der Annahmewirkung und nicht erst mit Kenntnis der Anfechtungsmöglichkeit. Wurde ein Notar zur Einreichung die Ausschlagungserklärung beim Nachlassgericht bevollmächtigt, kommt es auf die Kenntnis des Notars (§ 166 Abs. 1 BGB) von der Versäumung der Ausschlagungsfrist an.
Rz. 8
Für den Lauf der Anfechtungsfrist finden die Verjährungsregeln der §§ 206, 210, 211 BGB entsprechende Anwendung. Für §§ 206, 210 BGB wird auf die Ausführungen zu § 1944 BGB Bezug genommen (vgl. § 1944 Rdn 11 ff.). Stirbt der Ausschlagungsberechtigte vor Ablauf der Anfechtungsfrist, so endet die Anfechtungsfrist analog § 211 BGB frühestens sechs Wochen nach Annahme der Erbschaft durch seinen Erben. Das Ausschlagungsrecht ist damit Bestandteil der Erbmasse.
Rz. 9
Das Anfechtungsrecht ist ausgeschlossen, wenn seit Annahme oder Ausschlagung 30 Jahre verstrichen sind (Abs. 4).
II. Anfechtungsberechtigte
Rz. 10
Zur Erklärung der Anfechtung sind diejenigen berechtigt, die auch die Annahme oder Ausschlagung erklären können (vgl. § 1943 Rdn 7 ff. und § 1945 Rdn 7 ff.). Ein gesetzlicher Vertreter kann die Anfechtung der Ausschlagung auch dann erklären, wenn das Familien- bzw. Betreuungsgericht der Ausschlagung zugestimmt hat, da die Zustimmung keine Pflicht zur Ausschlagung statuiert. Der gesetzliche Vertreter bedarf wegen § 1957 Abs. 1 BGB für die Anfechtung der Annahme aber einer Genehmigung des Familien- bzw. Betreuungsgerichts in den Fällen, in denen auch die Ausschlagung genehmigungsbedürftig wäre (vgl. § 1945 Rdn 11). Ein gesetzlich vertretenes Kind kann auch nach Eintritt der Volljährigkeit anfechten, wenn in der Person des gesetzlichen Vertreters ein Anfechtungsgrund vorlag.