Rz. 70
Der Nachlasspfleger ist gesetzlicher Vertreter des oder der Erben und hat als solcher die Hauptaufgabe der Sicherung und Erhaltung des Nachlasses (vgl. Rdn 60 ff.). Hiervon ausgehend bestimmen sich die Grenzen der Aufgabenwahrnehmung. Außerhalb des Aufgabenbereichs des Nachlasspflegers liegen damit Geschäfte mit höchstpersönlichem Charakter. So gehört es nicht zu den Aufgaben des Nachlasspflegers, die erbrechtliche Stellung des Erben zu gestalten. Es ist deshalb ausgeschlossen, dass der Nachlasspfleger für den Erben die Erbschaft annimmt oder ausschlägt. Darüber hinaus kann der Nachlasspfleger nicht ein Testament anfechten oder die Erbunwürdigkeit einer Person geltend machen. Auch die Vertretung des Erben im Erbscheinsverfahren liegt außerhalb des Aufgabenbereichs des Nachlasspflegers. Außerhalb der Vertretungsmacht des Nachlasspflegers liegt deshalb die Einlegung von Rechtsmitteln gegen solche Beschlüsse, die im Erbscheinsverfahren desjenigen Erblassers ergehen, für dessen unbekannte Erben der Nachlasspfleger bestellt wurde.
Rz. 71
Eine dem Erblasser angefallene Erbschaft kann der Nachlasspfleger jedoch annehmen oder ausschlagen. Insoweit ist der Nachlasspfleger berechtigt, einen Erbschein zu beantragen sowie dessen Erteilung oder Ablehnung mit einer Beschwerde anzufechten. Die Ausschlagung bedarf der nachlassgerichtlichen Genehmigung.
Rz. 72
Zu den Aufgaben des Nachlasspflegers gehört es ebenfalls nicht, letztwillige Verfügungen des Erblassers auszuführen. Er ist jedoch bei längerer Dauer der Pflegschaft und eindeutiger Rechtslage berechtigt, Vermächtnisse und Auflagen zu erfüllen. Darüber hinaus obliegt dem Nachlasspfleger auch nicht die Klärung der Frage, wer von mehreren Erbanwärtern der wirkliche Erbe ist. Das bleibt den Erbanwärtern überlassen. Der Nachlasspfleger für die unbekannten Erben eines Erbteils ist nicht befugt, über den Erbteil als solchen zu verfügen. Er hat auch nicht die Befugnis, unter den Miterben eine Auseinandersetzung durchzuführen, und zwar auch dann nicht, wenn die Erben ihn darum ersuchen. Er kann jedoch für den Fall, dass die Nachlasspflegschaft auf einen Miterbenanteil beschränkt ist, den unbekannten Erben in einem von anderen Miterben betriebenen Auseinandersetzungsverfahren vertreten; er bedarf dafür der Genehmigung des Nachlassgerichts (§ 1822 Nr. 1 BGB; siehe Rdn 74).
Rz. 73
Die Beantragung einer Nachlassverwaltung gehört ebenfalls nicht zu dem Aufgabenbereich des Nachlasspflegers. Dadurch kann ein gegenüber der Nachlasspflegschaft erhöhter Schutz des oder der Erben nicht erreicht werden und eine Interessenwahrung der Nachlassgläubiger kommt i.R.d. Nachlasspflegschaft nicht in Betracht.
Rz. 74
In bestimmten Fällen ist der Nachlasspfleger insofern beschränkt, als er für die Erledigung von Angelegenheiten die Genehmigung des Nachlassgerichts benötigt. Maßgebend sind insoweit die Vorschriften der §§ 1811, 1812, 1821, 1822 BGB, welche gem. § 1915 Abs. 1 S. 1 BGB auf die Nachlasspflegschaft entsprechend anzuwenden sind. Für die Genehmigungsbedürftigkeit ist es unerheblich, welche wirtschaftliche Bedeutung das Geschäft im Einzelfall hat. Für die Erteilung der Genehmigung ist gem. § 1962 BGB das Nachlassgericht zuständig. Die Genehmigung kann nach § 1828 BGB nur gegenüber dem Nachlasspfleger oder einer von diesem bevollmächtigten Person abgegeben werden. Sie bedarf nicht der Form des zu genehmigenden Geschäfts.
Rz. 75
Gem. § 58 S. 2 SGB I kann der Fiskus als gesetzlicher Erbe fällige Ansprüche auf Geldleistungen, die nicht nach den §§ 56 und 57 SGB I einem Sonderrechtsnachfolger zustehen und damit grundsätzlich nach den Vorschriften des BGB vererbt werden, nicht geltend machen (vgl. § 1966 Rdn 9). Diese gesetzliche Regelung hat nach der Rspr. des BSG wiederum zur Folge, dass ein nach §§ 1960, 1961 BGB eingesetzter Nachlasspfleger für den Fall des Nichtvorhandenseins von Sonderrechtsnachfolgern den Versicherungsträger nicht auf die Auszahlung rückständiger Rentenbeträge in Anspruch nehmen kann, wenn der Fiskus als möglicher gesetzlicher Erbe in Betracht kommt.