Rz. 129
Für vorsätzliche oder fahrlässige Pflichtverletzungen i.R.d. gesetzlichen Schuldverhältnisses (siehe Rdn 48) haftet der Nachlasspfleger den Erben über die allg. deliktischen Bestimmungen hinaus entsprechend §§ 1833, 1915 Abs. 1 S. 1 BGB. Der Anspruch fällt in den Nachlass und muss im Prozesswege geltend gemacht werden.
Rz. 130
Um eine Haftung auszuschließen, hat der Nachlasspfleger diejenige Sorgfalt anzuwenden, die von einem verständigen Menschen zu erwarten ist. Dabei ist darauf abzustellen, welcher Wissensstand und welche Sorgfalt nach den Lebensumständen, dem Lebenskreis und der Rechts- und Geschäftserfahrung des jeweiligen Pflegers vorausgesetzt werden kann. Der Maßstab der geforderten Sorgfalt wird damit gegenüber dem objektiven Maßstab des § 276 Abs. 2 BGB eingeschränkt. Für die Haftung des Nachlasspflegers ist es unerheblich, ob das Nachlassgericht die von ihm getätigten Geschäfte nach §§ 1812 ff., 1821 f., 1915 BGB genehmigt hat.
Rz. 131
Eine Inanspruchnahme des Nachlasspflegers auf Schadensersatz kann gegen Treu und Glauben verstoßen. Das kann etwa dann in Betracht kommen, wenn sich der Nachlasspfleger über die ihm obliegenden Pflichten hinaus für die Interessen der Erben eingesetzt und dadurch dem Nachlass erhebliche Werte erhalten hat, die ansonsten verloren gewesen wären.
Rz. 132
Tätigt ein Nachlasspfleger unberechtigt für sich Entnahmen aus dem Nachlass, so steht der Bejahung von Untreue gem. § 266 StGB nicht entgegen, dass der Nachlasspfleger während seiner Tätigkeit möglicherweise Aufwendungsersatzansprüche für steuer- und rechtsberatende Leistungen erworben hat.
Rz. 133
Im Hinblick darauf, dass der Nachlasspfleger lediglich die Interessen des zukünftigen Erben zu wahren hat, kommt eine Haftung gegenüber Nachlassgläubigern nur im Falle der Verletzung der Auskunftspflicht gem. § 2012 Abs. 1 S. 2 BGB sowie im Falle unerlaubter Handlung in Betracht. Die Anwendung der für den Nachlassverwalter geltenden Regelung des § 1985 Abs. 2 BGB ist mit der ganz h.M. abzulehnen. Dem steht bereits die Systematik des Gesetzes insofern entgegen, als eine Verantwortung gegenüber den Nachlassgläubigern zwar für den Nachlassverwalter, aber gerade nicht für den Nachlasspfleger ausdrücklich bestimmt worden ist. Für den Nachlassgläubiger besteht die Möglichkeit, den Erben, der für ein Verschulden des Nachlasspflegers über § 278 BGB einzustehen hat, in Anspruch zu nehmen. Die Haftung des Erben kann allerdings, anders als bei § 1982 Abs. 2 BGB, auf den Nachlass beschränkt werden.
Rz. 134
Der Nachlasspfleger ist gem. § 317 Abs. 1 InsO berechtigt, ein Nachlassinsolvenzverfahren zu beantragen, aber anders als der Erbe und der Nachlassverwalter nicht dazu verpflichtet. Unterlässt der Nachlasspfleger pflichtwidrig die Beantragung des Nachlassinsolvenzverfahrens, ist er zwar nicht den Nachlassgläubigern, jedoch dem Erben gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet.
Rz. 135
Gem. § 31 Abs. 6 ErbStG ist ein Nachlasspfleger zur Abgabe der Steuererklärung verpflichtet. Nach § 32 Abs. 2 S. 1 ErbStG ist der Steuerbescheid dem Nachlasspfleger bekannt zu geben, dieser hat für die Bezahlung der Erbschaftsteuer zu sorgen und auf Verlangen des FA aus dem Nachlass Sicherheit zu leisten (§ 32 Abs. 2 S. 2 ErbStG i.V.m. § 32 Abs. 1 S. 2 und 3 ErbStG). Der Nachlasspfleger ist berechtigt, im Namen der unbekannten Erben Rechtsmittel gegen den Steuerbescheid einzulegen, er ist allerdings nicht Beteiligter i.S.v. § 57 FGO. Soweit die Nichtzahlung der Steuer auf grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Pflichtverletzung beruht, haftet der Nachlasspfleger dem FA gegenüber für die Erbschaftsteuer gem. § 69. Daneben besteht eine verschärfte Haftung gem. § 20 Abs. 6 S. 2 ErbStG bei Auskehrung von Nachlass an im Ausland lebende Erben.
Rz. 136
Der Nachlasspfleger hat auch für die Begleichung der Steuerschulden des Erblassers zu sorgen. Kommt er dieser Verpflichtung vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nach, so haftet er auch dafür (vgl. §§ 34 Abs. 1, 45, 69 AO).