Rz. 4
Die Anordnung einer Nachlasspflegschaft auf Antrag setzt zunächst einen der Fälle des § 1960 Abs. 1 BGB voraus. Des Weiteren ist ein Antrag des Berechtigten erforderlich. Darüber hinaus muss die Bestellung zum Zweck der gerichtlichen Geltendmachung eines gegen den Nachlass gerichteten Anspruchs beantragt werden. Schließlich muss ein rechtliches Interesse des Nachlassgläubigers an der Bestellung gegeben sein.
I. Verweis auf § 1960 Abs. 1 BGB
Rz. 5
Die Bestellung eines Nachlasspflegers nach Maßgabe des § 1961 BGB ist auf die Fälle des § 1960 Abs. 1 BGB (siehe dazu § 1960 Rdn 2 ff.) beschränkt. Eine Nachlasspflegschaft kommt mithin nur in Betracht, solange die Erbschaft noch nicht angenommen worden ist (§ 1960 Abs. 1 S. 1 BGB) oder wenn der Erbe unbekannt oder wenn ungewiss ist, ob er die Erbschaft angenommen hat (§ 1960 Abs. 1 S. 2 BGB). Hierbei ist aber die besondere Situation des dem Erben fernstehenden Gläubigers zu berücksichtigen, dem regelmäßig umfangreiche Nachforschungen nach Unterlagen zum Nachweis der Erbfolge nicht zugemutet werden können.
Unter Berücksichtigung der Zielsetzung des § 1961 BGB ist davon auszugehen, dass der Erbe auch dann unbekannt ist, wenn dem Antragsteller entweder wegen Weitläufigkeit und Schwierigkeit der erbrechtlichen Verhältnisse in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht die Beschaffung der Unterlagen für einen Erbschein nicht zugemutet werden kann oder solange nicht diejenigen Tatsachen bekannt sind, die der Nachlassgläubiger zur sachgemäßen Verfolgung seiner Rechte kennen muss. Dies ist bspw. der Fall, wenn Ungewissheit über die Wirksamkeit einer Ausschlagung besteht, die erst im weiteren Verlauf eines Erbscheinsverfahrens, dessen Dauer nicht abzusehen ist, geklärt werden kann. Bloße Zweifel an der Richtigkeit eines erteilten Erbscheins genügen nicht. Das gilt auch dann, wenn der Gläubiger davon ausgeht, seine diesbezüglichen Zweifel könnten vom Prozessgericht mit der Folge einer Klagabweisung geteilt werden.
Rz. 6
Sind bei mehreren Erben nicht alle bekannt, so kann der Antrag auf Bestellung eines Nachlasspflegers insoweit beschränkt werden, als es um die Pflegschaft bezogen auf die Erbteile der unbekannten Erben geht. In diesem Fall wird dann seitens des Nachlassgerichts eine Teilnachlasspflegschaft angeordnet.
Rz. 7
Die Frage, ob einer der Fälle des § 1960 Abs. 1 BGB gegeben ist, hat das Nachlassgericht im Wege der Amtsermittlung zu klären (siehe § 26 FamFG).
II. Antrag des Berechtigten
Rz. 8
Die Forderungspflegschaft des § 1961 BGB wird nur auf Antrag des Berechtigten angeordnet. Der Antrag muss nicht schriftlich gestellt werden, er kann nach § 25 FamFG auch zu Protokoll der Geschäftsstelle des zuständigen Gerichts oder der Geschäftsstelle eines AG erfolgen. Nach § 10 Abs. 2 FamFG kann sich der Nachlassgläubiger auch durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Zur Vereinheitlichung der Prozessordnungen wurde die Möglichkeit der Bevollmächtigung allerdings auf Beschäftigte des Beteiligten (Nr. 1), volljährige Familienangehörige, Personen mit der Befähigung zum Richteramt, andere Beteiligte (Nr. 2) und Notare (Nr. 3) beschränkt.
Rz. 9
Der Antragsteller ist Berechtigter i.S.d. § 1961 BGB, wenn er die Geltendmachung eines gegen den Nachlass gerichteten Anspruchs behauptet. Der Anspruch muss nicht glaubhaft gemacht werden. Das Nachlassgericht hat nach § 26 FamFG von Amts wegen zu klären, ob der behauptete Anspruch seinem Inhalt nach der Anspruch eines Nachlassgläubigers ist. Das ist dann der Fall, wenn sich der Anspruch gegen den Nachlass richtet, d.h., gegen den Erben oder die Erbengemeinschaft als solche. In Betracht kommen neben sonstigen Nachlassschulden auch Ansprüche aufgrund von Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen, Auflagen oder auch Beerdigungskosten. Zu den berechtigenden Ansprüchen zählt ebenfalls der Anspruch des Miteigentümers auf Zwangsversteigerung des Grundbesitzes zwecks Aufhebung der Gemeinschaft. Auch die Staatskasse kann wegen ihr zu erstattender Kosten als Berechtigte die Nachlasspflegschaft beantragen.
Rz. 10
Hauptanwendungsfall in der Praxis sind die sog. "Mieterpflegschaften", bei denen der Vermieter die Bestellung eines Nachlasspflegers beantragt, um das Mietverhältnis mit seinem verstorbenen Mieter beenden und abwickeln zu können. Diese sind vom Gericht anzuordnen, ohne dass ihm insoweit ein Ermessen zusteht.
Rz. 11
An einem gegen den Nachlass gerichteten Anspruch fehlt es z.B. dann, wenn einzelne Miterben sich aus der Gesamthandsgemeinschaft ergebende Ansprüche gege...