Rz. 4
Die öffentliche Aufforderung zur Anmeldung der Erbrechte darf erst nach erfolgloser Durchführung der Erbenermittlung und Verstreichen der Frist des § 1964 Abs. 1 BGB erfolgen. Erfolgt die öffentliche Aufforderung vor diesem Zeitpunkt, so ist die später ergehende Entscheidung des Nachlassgerichts formell fehlerhaft (zu Rechtsmitteln gegen Entscheidungen des Nachlassgerichts i.R.d. § 1964 Abs. 1 BGB siehe § 1964 Rdn 19 f.).
Rz. 5
Auch wenn die öffentliche Aufforderung zur Anmeldung der Erbrechte im Hinblick darauf, dass es weder zum Ausschluss von Erbrechten noch zu sonstigen Rechtsnachteilen kommt, kein Aufgebotsverfahren i.S.d. §§ 433 ff. FamFG darstellt, finden gem. Abs. 1 S. 1 Hs. 2 die für das Aufgebotsverfahren geltenden Vorschriften insoweit Anwendung, als es um die Art der Bekanntmachung und die Dauer der Anmeldungsfrist geht (siehe bezogen auf das Erbscheinsverfahren die vergleichbare Bestimmung des § 352d FamFG). Danach hat gem. § 435 Abs. 1 S. 1 FamFG die öffentliche Bekanntmachung zur Anmeldung der Erbrechte durch Anheftung an die Gerichtstafel und durch einmalige Einrückung in den elektronischen Bundesanzeiger zu erfolgen. Darüber hinaus kann die Bekanntmachung gem. § 435 Abs. 1 S. 2 FamFG zusätzlich in einem elektronischen Informations- und Kommunikationssystem erfolgen. Das Nachlassgericht kann außerdem nach § 435 Abs. 2 FamFG anordnen, dass die Einrückung noch in andere Blätter und wiederholt stattfindet. Die Anmeldungsfrist beläuft sich gem. § 437 FamFG auf mindestens sechs Wochen, wobei die Frist am Tag nach der Einrückung der Bekanntmachung zur Anmeldung der Erbrechte in dem Bundesanzeiger beginnt (die §§ 187 ff. BGB, §§ 99, 222, 224 Abs. 2, Abs. 3 und 225 ZPO gelten entsprechend). Die Frist ist nach § 16 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 224 Abs. 2 ZPO verlängerbar.
Rz. 6
Mit der öffentlichen Aufforderung zur Anmeldung der Erbrechte endet die Pflicht des Nachlassgerichts zur eigenen Ermittlung von Erben. Es sind jetzt Anmeldung und Nachweis abzuwarten.
Rz. 7
Erfolgt die Anmeldung eines Erbrechts innerhalb der Anmeldungsfrist, kann ein Feststellungsbeschluss nach § 1964 Abs. 1 BGB vorerst nicht ergehen. Vielmehr ist das auf drei Monate befristete Verfahren des Abs. 2 abzuwarten (siehe Rdn 9 f.). Wird die Anmeldungsfrist versäumt, so kann eine Anmeldung gleichwohl erfolgen, solange ein Feststellungsbeschluss noch nicht ergangen ist. Es verkürzt sich allerdings die Nachweisfrist des Abs. 2, denn diese beginnt mit dem Ende der Anmeldungsfrist zu laufen. Werden keine Erbrechte angemeldet und ist die Anmeldungsfrist abgelaufen, so kann der Feststellungsbeschluss i.S.d. § 1964 Abs. 1 BGB sofort ergehen.
Rz. 8
Nach Abs. 1 S. 2 darf die öffentliche Aufforderung zur Anmeldung der Erbrechte unterbleiben, wenn die Kosten dem Bestand des Nachlasses gegenüber unverhältnismäßig groß sind. Ob das der Fall ist, hat das Nachlassgericht anhand des Einzelfalles zu entscheiden. Unterbleibt die Aufforderung, kann die Feststellung i.S.d. § 1964 Abs. 1 BGB nach Abschluss der (erfolglosen) Ermittlung anderer Erben ohne Abwarten der Nachweisfrist des Abs. 2 erfolgen. Soweit dem Nachlassgericht allerdings ein möglicher Erbe bekannt geworden ist oder sich ein solcher gemeldet hat, hat das Nachlassgericht den Erbanwärter zum Nachweis seines Erbrechts oder der Erhebung einer Klage gegen den Fiskus aufzufordern, wobei die gerichtliche Aufforderung die dreimonatige Nachweisfrist in Gang setzt (siehe Abs. 2 S. 2, vgl. auch Rdn 10).