Rz. 1
Die Vorschrift des § 1967 BGB bestimmt (zunächst) ohne jede Einschränkung, dass der Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten haftet. Sie manifestiert damit den Grundsatz der unbeschränkten Erbenhaftung, die solange fortbesteht, bis es aufgrund einer Maßnahme des Erben (nach den §§ 1975 ff. BGB) oder eines Nachlassgläubigers zu einer Haftungsbeschränkung – auf den Nachlass – kommt. Mit der Entscheidung für den Grundsatz der unbeschränkten Erbenhaftung wird zugleich bestimmt, womit der Erbe – ohne Beschränkung – haftet: mit seinem gesamten Vermögen (das sich aus dem Nachlass und seinem Eigenvermögen zusammensetzt).
Rz. 2
Während die §§ 1967–2017 BGB die Haftung des Erben – als Alleinerben – regeln, werden – für den viel häufiger in Betracht kommenden Fall der Miterbengemeinschaft – in den §§ 2058–2063 BGB sowie in § 15 HöfeO ergänzende Vorschriften normiert, die die Miterben betreffen. Hinzukommen betreffend die Regelung der Erbenhaftung Sondervorschriften für die Anordnung der Vor- und Nacherbfolge in den §§ 2144–2146 BGB.
Rz. 3
In § 1967 Abs. 1 BGB heißt es, dass "der Erbe für die Nachlassverbindlichkeiten haftet“. Mit dieser Feststellung will der Gesetzgeber nicht etwa den Gegensatz von Schuld und Haftung wiederaufleben lassen, sondern nur klar zum Ausdruck bringen, dass der Erbe schuldet und haftet. Die Bezeichnung "Haftung" deutet jedoch zweierlei an; einmal, dass die Verbindlichkeit, jedenfalls i.d.R., in der Person des Erblassers begründet worden ist, und dass der Erbe in sie und für sie nur mit dem Erbfall eintritt, und zum anderen, dass der Erbe in unterschiedlichem Umfang und in verschiedener Weise für diese Verbindlichkeiten einstehen muss, dass seine Haftung unbeschränkt, beschränkbar oder schwächer und stärker beschränkt sein kann. Durch die Beschränkung der Haftung erhält das Einstehen des Erben für die Erfüllung der Verbindlichkeit einen anderen Inhalt als das Einstehen des Erblassers."
Rz. 4
Bei der Haftung des Erben für die Nachlassverbindlichkeiten stehen einander gegenüber das Interesse der Nachlassgläubiger, das des Erben und das seiner eigenen Gläubiger. Dabei steht das Interesse der Nachlassgläubiger im Vordergrund. Sie können Befriedigung aus dem Nachlass fordern und verdrängen in diesem Umfang den Erben und dessen Eigengläubiger. Das Interesse des Erben verlangt, dass er zwar mit dem zugewonnenen Nachlass, nicht aber mit seinem eigenen Vermögen haftet. Die Gläubiger des Erben treten demgegenüber in den Hintergrund; sie können auch nach dem Erbfall Befriedigung aus dem Eigenvermögen des Erben vor den Nachlassgläubigern verlangen, Befriedigung aus dem Nachlass aber erst nach den Nachlassgläubigern.