Rz. 48
Die Beratung des Erben in Bezug auf die mögliche Geltendmachung von Maßnahmen der Haftungsbeschränkung ist sehr schwierig. In besonders kurzer Zeit muss sich der Berater darüber klar sein, welche Maßnahmen zu ergreifen sind. Ein Unterlassen kann zur Haftung des Beratenden führen. Die Probleme sind so zahlreich, dass sie nicht vollständig als spezielle Haftungsfragen angesprochen werden können. Es soll anhand einiger Bsp. – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – aufgezeigt werden, wo besondere Haftungsrisiken liegen.
1. Mietverhältnis
Rz. 49
Hatte der Erblasser ein Mietverhältnis über Wohnraum, sind die Spezialregelungen der §§ 563–564 BGB u. § 580 BGB zu beachten. Unterlässt der Erbe es, das Mietverhältnis mit Wirkung für und gegen den Nachlass zu kündigen, haftet er u.U. den – übrigen – Nachlassgläubigern nach § 1978 BGB wegen der von ihm nicht verhinderten Belastung des Nachlasses mit Verbindlichkeiten. Darauf ist der Mandant hinzuweisen.
2. Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung im Urteil
Rz. 50
Ein Rechtsanwalt, dessen Mandant als Erbe wegen einer Nachlassverbindlichkeit in Anspruch genommen wird, ist grundsätzlich verpflichtet, den Vorbehalt der beschränkten Erbenhaftung in den Titel aufnehmen zu lassen. Er hat den Mandanten, der als Erbe wegen Nachlassverbindlichkeiten in Anspruch genommen wird, über die Bedeutung und Wirkung einer Haftungsbeschränkung sowie die Möglichkeiten zu deren Realisierung zu belehren und weiter abzuklären, ob in einem Titel gegen den Erben der erforderliche Vorbehalt aufgenommen werden soll, da sich eine Haftungsbeschränkung im Zwangsvollstreckungsverfahren nur bei einem Vorbehalt im Urteil auswirkt. Der Rechtsanwalt muss in solchen Fällen für seinen Mandanten stets den sicheren Weg einschlagen und darf sich nicht darauf verlassen, dass das Gericht Hinweise erteilt oder eine dem Mandanten günstige Auslegung vornimmt. Wenn der Rechtsanwalt die Einschränkung der Erbenhaftung auf den Nachlass des Erblassers nur im Hinblick auf die Hauptsache, nicht aber auch in Bezug auf die Kosten und Auslagen beantragt, liegt hierin ein schuldhaftes Versäumnis. Denn ein Vorbehalt in der Hauptsache führt nicht ohne weiteres auch zu einer Beschränkung der Erbenhaftung im Kostenpunkt. Ein unterbliebener Hinweis auf eine Haftungsbeschränkung und die insofern nicht erhobenen Einreden stellen keine Pflichtverletzung des Rechtsanwaltes dar, wenn es sich bei der Forderung nicht um eine Nachlassverbindlichkeit, sondern um eine Eigenverbindlichkeit des Erben handelt.
Rz. 51
Besteht das pflichtwidrige Verhalten eines Rechtsanwalts darin, dass er es im Prozess, in dem gegen seinen Mandanten als Erben eine Nachlassverbindlichkeit geltend gemacht wird, unterlässt, die Dürftigkeitseinrede zu erheben, so beginnt die Verjährung eines dadurch ausgelösten Schadensersatzanspruchs gegen ihn jedenfalls insoweit nicht bereits mit Erlass des ersten Gerichtsurteils, als der Regressanspruch sich aus erst später durch Klageerweiterung in den Prozess eingeführten – weiteren – Forderungen gegen den Nachlass ergibt.