I. Voraussetzungen des Anspruchs
Rz. 2
Anspruchsberechtigt sind Familienangehörige des Erblassers, die mit diesem zusammen in häuslicher Gemeinschaft gelebt und von ihm Unterhalt bezogen haben. Das sind der Ehegatte des Erblassers, Verwandte und Verschwägerte unabhängig welchen Grades sowie sonstige Personen wie Pflegekinder oder – in Ausnahmefällen auch – Freunde, die der Erblasser als zur Familie gehörig angesehen und behandelt hat. Auch der Partner einer eheähnlichen (nichtehelichen) Lebensgemeinschaft ist in diesem Sinne "familienangehörig". Dazu gehören kraft gesetzlicher Regelung auch gleichgeschlechtliche Lebenspartner (§ 11 Abs. 1 LPartG). Da zwischen gleich- und verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften kein nennenswerter juristischer Unterschied gemacht werden kann und wird, sollten sie i.S.d. § 1969 BGB sämtlich gleich behandelt werden.
Rz. 3
Nicht zu den Familienangehörigen im vorgenannten Sinn gehören Angestellte, die nicht aufgrund ihrer persönlichen Beziehung zum Erblasser, sondern aufgrund eines Dienstvertrages zu dessen Hausstand gehörten. Gleiches gilt für solche Personen, die überwiegend aus wirtschaftlichen Gründen mit dem Erblasser zusammenlebten. Der Familienangehörige muss im Zeitpunkt des Todes des Erblassers zu dessen Hausstand (vgl. § 1619 BGB) gehört, also in dessen Haus oder Wohnung seinen Lebensmittelpunkt gehabt haben. Ein nur vorübergehender Aufenthalt im Haushalt des Erblassers reicht nicht aus. Allerdings schadet eine vorübergehende Abwesenheit (etwa zu Studienzwecken oder auf Reisen) nicht. Der getrennt lebende Ehegatte (vgl. § 1567 BGB) gehört nicht mehr zum Hausstand des Erblassers. Der Erblasser muss dem Familienangehörigen tatsächlich Unterhalt gewährt haben. Ob ein Unterhaltsanspruch nach gesetzlichen Vorschriften bestand, ist unerheblich.
II. Inhalt, Umfang und Dauer des Anspruchs
Rz. 4
Der Erbe hat Unterhalt in demselben Umfang zu gewähren, wie der Erblasser es getan hat, und die Nutzung der Wohnung und der Haushaltsgegenstände zu gestatten. Die Frist beginnt mit dem auf den Todestag folgenden Tag (§§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 BGB). Der Todestag wird mithin nicht mitgezählt. Bei einer Todeserklärung entfällt der Anspruch, da die Frist des § 9 VerschG nicht gewahrt werden kann. Der Unterhalt ist grundsätzlich in Natur zu gewähren. Nur wenn der Haushalt entgegen § 1969 BGB vor Ablauf der Frist von 30 Tagen aufgelöst wird, kommt ein Anspruch auf Geld in Betracht. Der Anspruch endet dann, wenn der Unterhaltsberechtigte freiwillig aus der Wohnung auszieht.
Rz. 5
Auch die Benutzung der Wohnung und der Haushaltsgegenstände hat der Erbe in demselben Umfange zu gestatten, wie es zuvor der Erblasser getan hat. War der Erblasser nicht Eigentümer, sondern nur Mieter der Wohnung, sind die §§ 563, 564 BGB zu beachten. Nach § 563 BGB tritt der Ehegatte oder Lebenspartner, der mit dem Mieter einen gemeinsamen Haushalt führt, mit dem Tode des Mieters automatisch in das Mietverhältnis ein. Das Gleiche ordnet § 563 Abs. 2 BGB unter bestimmten Voraussetzungen in Bezug auf die Kinder, andere Familienangehörige und sonstige Personen an, die mit dem Mieter einen auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalt führen. Sind mehrere Personen i.S.d. § 563 BGB gemeinsam Mieter, wird das Mietverhältnis mit den überlebenden Mietern fortgesetzt (§ 563a BGB). Wenn Familienangehörige, die eigentlich nach § 1969 BGB von dem Erben die Gestattung der Weiterbenutzung der Wohnung verlangen könnten, selbst nach den §§ 563, 563a BGB Nachmieter des Erblassers werden, bedarf es einer Gestattung des Erben zur Weiterbenutzung der Wohnung nicht. Die Haftung für die Mietverbindlichkeiten in diesen Fällen ist in § 563b BGB geregelt. Danach haften diejenigen Personen, die in das Mietverhältnis eintreten oder mit denen es fortgesetzt wird für die Altverbindlichkeiten des Erblassers zusammen mit dem Erben als Gesamtschuldner. Im Innenverhältnis allerdings haftet der Erbe für diese Verbindlichkeiten (§ 563b Abs. 1 S. 2 BGB).
III. Rechtsnatur und Durchsetzung des Anspruchs
Rz. 6
Die Bestimmung gewährt kein dingliches Nutzungsrecht, sondern nur ein vermächtnisähnliches Forderungsrecht gegen den Erben im Hinblick auf Wohnung und Hausratsgegenstände (§ 1969 Abs. 2 BGB i.V.m. § 2174 BGB). Sie begründet eine Nachlassverbindlichkeit (Erbfallschuld) i.S.v. § 1967 Abs. 1 BGB, für die die allg. Vorschriften über die Erbenhaftung gelten. Solange der Erbe nicht in Anspruch genommen werden kann (§ 1958 BGB), ist gem. §§ 1960, 1961 BGB ein Nachlasspfleger zu bestellen. Der Anspruch aus § ...