I. Wirkung der Ausschließung
Rz. 4
Da die ausgeschlossene Forderung nicht untergeht, sondern nur die Haftung des Erben für sie beschränkt wird, kann der Nachlassgläubiger sie in gewissen Grenzen noch geltend machen. Macht der Erbe z.B. einen Anspruch geltend, kann der ausgeschlossene Nachlassgläubiger die Einrede des nichterfüllten Vertrages (§§ 320, 322 BGB) erheben. Der Gläubiger kann sie auch weiterhin zur Aufrechnung gegen Nachlassforderungen verwenden. § 390 S. 1 BGB steht nicht entgegen, wenn die Voraussetzungen des § 1973 BGB im Zeitpunkt des Entstehens der Aufrechnungslage noch nicht erfüllt waren. Wenn die einmal erworbene Aufrechnungsbefugnis sogar im Insolvenzverfahren Bestand hat (vgl. §§ 94 ff. InsO), bleibt sie auch in der Haftungsbeschränkung des § 1973 BGB unberührt. Der Gläubiger bleibt berechtigt, Nachlassverwaltung oder die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens zu beantragen (§ 317 Abs. 1 InsO). Nach wie vor kann der Gläubiger nach h.M. auch die Bestimmung einer Inventarfrist beantragen (§ 1994 BGB). Die Verjährung der ausgeschlossenen Forderung wird allerdings durch § 1973 BGB nicht gehemmt.
II. Umfang des Leistungsverweigerungsrechts
Rz. 5
Der Erbe kann die Befriedigung des ausgeschlossenen Gläubigers verweigern, soweit der Nachlass durch die Befriedigung der nicht ausgeschlossenen Gläubiger (Abs. 1 S. 1) sowie derjenigen ausgeschlossenen Gläubiger, zu deren Befriedigung er rechtskräftig verurteilt worden ist (Abs. 2 S. 3), erschöpft wird. Nur Forderungen nachlassbeteiligter Gläubiger (§ 1972 BGB), die noch nicht erfüllt worden sind, dürfen nicht vorrangig berücksichtigt werden (Abs. 1 S. 2). Mehrere ausgeschlossene Gläubiger kann der Erbe in beliebiger Reihenfolge befriedigen.
Rz. 6
Das Leistungsverweigerungsrecht nach Abs. 1 S. 1 reicht so weit, wie die Forderung des ausgeschlossenen Gläubigers den Wert des nach Abs. 2 S. 1 herauszugebenden Nachlassüberschusses übersteigt. Im Hinblick auf die Herausgabe diesen Überschusses haftet der Erbe nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung (Abs. 2 S. 1). Die sog. Überschusshaftung besagt, dass der Umfang der Haftung nach § 818 BGB zu bestimmen ist. Bei der Ermittlung des Nachlassüberschusses ist zunächst vom Aktivbestand des Nachlasses auszugehen.
Rz. 7
Hinzuzurechnen sind die tatsächlich gezogenen Nutzungen sowie das, was der Erbe aufgrund zum Nachlass gehörender Rechte oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines Nachlassgegenstands erzielt hat (§ 818 Abs. 1 BGB), ferner auch diejenigen Verbindlichkeiten und Lasten, die dem Erben gegenüber dem Erblasser oblagen und infolge Konfusion oder Konsolidation erloschen sind; denn der Erbe ist insoweit durch die Befreiung von Verbindlichkeiten auf Kosten des Nachlasses bereichert.
Rz. 8
Vom Aktivbestand sind abzuziehen: im umgekehrten Fall wie oben die durch Konfusion und Konsolidation erloschenen Forderungen und Rechte des Erben gegenüber dem Erblasser; die Forderungen der nicht ausgeschlossenen Gläubiger; die Forderungen aus Pflichtteilsrechten, Erbersatzansprüchen, Vermächtnissen und Auflagen, aber nur, soweit sie bereits vor der Geltendmachung des Anspruchs des ausgeschlossenen Gläubigers berichtigt waren (Abs. 1 S. 2 Hs. 2). Die Forderungen der anderen ausgeschlossenen Gläubiger nur, soweit sie bereits berichtigt waren, wobei nach Abs. 2 S. 3 die rechtskräftige Verurteilung des Erben zur Befriedigung eines ausgeschlossenen Gläubigers einem anderen ausgeschlossenen Gläubiger gegenüber wie eine Befriedigung wirkt. Ferner sind abzuziehen alle den Nachlasswert steigernden Aufwendungen des Erben aus seinem Eigenvermögen. Für Schenkungen aus dem Nachlass gilt, dass sie nicht abgezogen werden können, wenn Aufwendungen aus dem Eigenvermögen dadurch erspart wurden.
Rz. 9
Der maßgebliche Zeitpunkt für die Feststellung, ob dem Erben ein Überschuss bleibt und somit ein Bereicherungsanspruch des/der ausgeschlossenen Gläubiger(s) entstanden ist, ist der des Erlasses des Ausschließungsbeschlusses. Spätere Änderungen – Erweiterung der Bereicherung oder auch deren Verringerung – sind zu berücksichtigen, wenn nicht eine verschärfte Haftung des Erben entgegensteht. Im Prozess gegen den Erben entscheidet schließlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Wird der Erbe verurteilt, weil zu diesem Zeitpunkt noch ein Überschuss vorhanden ist, ist schlussendlich der Beginn der Zwangsvollstreckung dafür maßgebend, ob ein solcher noch vorhanden ist.