Rz. 1
Die Bestimmung ist im Zusammenhang mit der nach § 1975 BGB durch die Anordnung der Nachlassverwaltung oder Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens herbeigeführten Sonderung des Nachlasses vom Eigenvermögen zu sehen. Der Grund für die Vermögenssonderung ist, dass den Nachlassgläubigern die Befriedigung aus dem ungeschmälerten Nachlass möglich bleiben soll. Da die mit dem Anfall der Erbschaft eingetretene Vereinigung von Nachlass und Eigenvermögen des Erben rückgängig gemacht werden soll, bestimmt § 1976 BGB, dass die infolge der Konfusion (Vereinigung von Recht und Forderung) oder Konsolidation (Vereinigung von Recht und Belastung) erloschen Rechtsverhältnisse kraft Gesetzes rückwirkend als weiterhin vorhanden, "nicht erloschen gelten". Die Rechtsfolge tritt automatisch ein. Dadurch steht der Nachlass den Nachlassgläubigern (wieder) vollständig zur Verfügung.
Rz. 2
Der Rechtsgedanke des § 1976 BGB gilt immer dann, wenn der Bestand des Nachlasses im Zeitpunkt des Erbfalls Grundlage der Berechnung einer Forderung gegen diesen ist. Ähnliche Bestimmungen sind enthalten in § 1991 BGB (dürftiger oder mit Vermächtnissen und/oder Auflagen überschwerter Nachlass), § 2143 BGB (Eintritt der Nacherbfolge), § 2175 BGB (Vermächtnis einer dem Erblasser gegen den Erben zustehenden Forderung) und § 2377 BGB (Erbschaftskauf). In den Fällen der §§ 1991, 2175 und 2377 BGB wird die Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit jedoch nur mit relativer Wirkung – im Verhältnis zu dem jeweilig Betroffenen – rückgängig gemacht. Ist Verwaltungstestamentsvollstreckung angeordnet, findet eine Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder Belastung nicht statt, weshalb es einer (entsprechenden) Anwendung des § 1976 BGB nicht bedarf.
Rz. 3
Für die Berechnung der Erbschaftsteuer gelten die infolge des Anfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung erloschenen Rechte auch dann nicht als erloschen, wenn es an den Voraussetzungen des § 1976 BGB fehlt. Die Vereinigungswirkung ist deshalb hier nicht zu berücksichtigen (§ 10 Abs. 3 ErbStG). Auch wenn die Haftung des Erben endgültig unbeschränkbar geworden ist, bleibt die Bestimmung anwendbar (§ 2013 Abs. 1 S. 1 BGB).