Rz. 8
Die Aufrechnung, die ein Eigengläubiger des Erben vor der Nachlasssonderung gegenüber einer Nachlassforderung erklärt hat, ist ebenfalls als nicht erfolgt anzusehen. Das ist unproblematisch und unstreitig für den Fall, dass der Erbe der Aufrechnung nicht zugestimmt hatte. Die wohl h.M. behandelt diesen Fall wie einen solchen, in dem die Aufrechnung von dem Erben ausgegangen ist und wendet auch den Abs. 2 auf diese Fälle nicht an. Die Zustimmung des Erben zu der von seinem Eigengläubiger gegen eine Nachlassforderung erklärten Aufrechnung enthält eine Verfügung über diese Forderung, die durch die spätere Nachlasssonderung nicht mehr berührt werden kann. Hinzu kommt, dass in der Zustimmung zur Aufrechnung seitens des Erben stets eine vertragliche – einvernehmliche – Aufhebung der gegenseitigen Forderungen zu sehen ist, die nicht unter § 1977 BGB fallen würde. Kein Grund, die Sache anders zu beurteilen, kann die unterschiedliche Zielrichtung von Abs. 1 und Abs. 2 sein, da die Rechtsfolge die gleiche ist und Abs. 2 nicht nur die Bestandsminderung des Nachlasses verhindern will. Allerdings muss der Erbe, der durch seine Zustimmung zur Aufrechnung eine endgültige Befreiung von einer Eigenverbindlichkeit auf Kosten des Nachlasses verschafft hat, den Nachlassgläubigern nach § 1978 Abs. 1 BGB und § 812 BGB Ersatz leisten. Im Falle des § 1978 Abs. 2 BGB ist der Ersatzanspruch gegen den Erben durch den Nachlassinsolvenzverwalter geltend zu machen.
Rz. 9
Abs. 2 gilt auch dann, wenn der Erbe allen Nachlassgläubigern gegenüber unbeschränkt haftet. Dem Wortlaut des § 2013 Abs. 1 S. 1 BGB nach findet § 1977 BGB bei unbeschränkter Haftung des Erben zwar keine Anwendung. Hätte die durch die Aufrechnung des Eigengläubigers des Erben bewirkte Verkürzung des Nachlasses Bestand, würden die Nachlassgläubiger jedoch durch den Eintritt der unbeschränkten Haftung – die ihren Interessen dienen soll – im Verhältnis zu den Eigengläubigern des Erben und zum Erben selbst benachteiligt. Deshalb muss auch hier von einer Geltung des Abs. 2 ausgegangen werden.