I. Keine Antragspflicht
Rz. 2
Keine Antragspflicht besteht
▪ |
für den vorläufigen (werdenden) Erben; nach Ablauf der Ausschlagungsfrist, mit deren Versäumung die Erbschaft nach § 1943 BGB als angenommen gilt, oder nach Annahme der Erbschaft ist der Erbe trotz eines schwebenden Erbprätendentenstreits und deswegen angeordneter Nachlasspflegschaft verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen. |
▪ |
wenn der Erbe allen Gläubigern gegenüber unbeschränkbar haftet (§ 2013 Abs. 1 S. 1 BGB). Haftet der Erbe nur einzelnen Gläubigern gegenüber unbeschränkt, bleibt es hingegen bei der Antragspflicht (§ 2013 Abs. 2 BGB); |
▪ |
wenn ein inländischer Gerichtsstand für die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens nicht besteht; |
▪ |
wenn diese dem Erben durch Vereinbarung mit den Nachlassgläubigern erlassen worden ist, wobei jeder der Nachlassgläubiger nur mit Wirkung gegen sich selbst handeln kann; |
▪ |
wenn die Unzulänglichkeit des Nachlasses auf Vermächtnissen und Auflagen beruht (Abs. 1 S. 3), gegenüber ausgeschlossenen und ihnen gleichgestellten Gläubigern (§§ 1973, 1974, 1989 BGB); |
▪ |
wenn die Überschuldung nur auf ihren Forderungen beruht; bei Dürftigkeit des Nachlasses, da der Erbe diesen nach § 1990 Abs. 1 S. 2 BGB den Nachlassgläubigern zur Befriedigung bereitstellen kann. |
Rz. 3
Ist Nachlassverwaltung angeordnet, treffen Antrags- und Schadensersatzpflichten den Nachlassverwalter (§ 1985 Abs. 2 S. 2 BGB). Diese Regelung sollte der Berater des Erben beachten und im Zweifelsfall für den Fall unklarer Nachlassverhältnisse dem Erben die Empfehlung erteilen, möglichst frühzeitig einen Antrag auf Anordnung der Nachlassverwaltung zu stellen. Für Nachlasspfleger und Testamentsvollstrecker gilt § 1980 BGB nicht, es bleibt vielmehr der Erbe nach § 1980 BGB verpflichtet. Das Antragsrecht aus § 317 Abs. 1 InsO hat der Nachlasspfleger ausschließlich im Interesse des Erben zur Sicherung und Erhaltung des Nachlasses, nicht aber auch im Interesse der Nachlassgläubiger wahrzunehmen. Machen Nachlasspfleger oder Testamentsvollstrecker von ihrem Antragsrecht (§ 317 Abs. 1 InsO) schuldhaft keinen Gebrauch, können sie deshalb jedoch ihrerseits dem Erben schadensersatzpflichtig sein.
II. Voraussetzungen der Haftung
Rz. 4
Die Vorschrift legt die Verpflichtung, ab Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Nachlasses unverzüglich Insolvenzantrag zu stellen, dem "Erben" auf. Darunter ist – wie allgemein im Erbrecht – jeder endgültige Erbe zu verstehen. Im Unterschied dazu wird derjenige Erbe, der die Erbschaft noch nicht angenommen hat, als "vorläufiger Erbe" bezeichnet. Vorläufig ist damit die Erbenstellung bis zur Annahme der Erbschaft (§ 1943 BGB). Bis dahin steht noch nicht fest, dass der Berufene auch endgültig Erbe wird. Während dieses Zeitraums braucht er sich um den Nachlass grundsätzlich nicht zu kümmern. Es handelt sich deshalb in diesem Stadium um einen "werdenden Erben". Für diesen gilt die Insolvenzantragspflicht nicht, weil es einen Erben i.S.d. Abs. 1 S. 1 (noch) nicht gibt. Der Schwebezustand wird durch die Annahme der Erbschaft beendet, der "werdende" wird zum endgültigen Erben. Seine durch die Annahme begründetet Pflichtenstellung, einschließlich der Insolvenzantragspflicht aus Abs. 1 S. 1 wird nicht dadurch wieder in Frage gestellt bzw. obsolet, dass andere (Erbprätendenten) seine Erbenstellung in Zweifel ziehen. Der Erbe wird dadurch nicht etwa erneut zum "werdenden" Erben.
Rz. 5
Voraussetzung der Haftung ist, dass der Nachlass zahlungsunfähig oder überschuldet ist. Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn die fälligen Zahlungspflichten nicht erfüllt werden (§ 17 Abs. 2 S. 1 InsO). Sie ist i.d.R. anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat (§ 17 Abs. 2 S. 2 InsO). Dabei ist stets auf den Nachlass und nicht auf das Eigenvermögen des Erben ...