Rz. 5
Verfügungen, die der Erbe nach der Anordnung der Nachlassverwaltung über Nachlassgegenstände trifft, sind gem. § 1984 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. § 81 Abs. 1 S. 1 InsO unwirksam. Die Unwirksamkeit besteht für und gegen jeden (absolut) und nicht nur relativ im Verhältnis zu den Nachlassgläubigern. Sie kann nicht nur vom Nachlassverwalter, sondern – soweit Zwecke der Nachlassverwaltung berührt werden – von jedermann geltend gemacht werden, so z.B. vom Schuldner einer nach der Anordnung vom Erben an einen Dritten abgetretenen Nachlassforderung gegenüber dem Erwerber. Grundbuchanträge des Erben, die nach der Anordnung beim Grundbuchamt eingehen, sind zurückzuweisen, sofern es sich nicht um schlichte Berichtigungsanträge handelt. Die Unwirksamkeit ist – obwohl absolut – begrenzt, denn ein Miterbe kann nach § 2033 BGB noch über seinen Anteil am Nachlass verfügen, da dies sowohl die Stellung des Nachlassverwalters als auch der Nachlassgläubiger nicht berührt. Der Nachlassverwalter kann Verfügungen des Erben, die nach § 1984 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 81 Abs. 1 S. 1 InsO unwirksam sind, im Nachhinein entsprechend § 185 Abs. 2 S. 1 BGB genehmigen mit der Folge, dass sie rückwirkend wirksam werden. Das gilt auch, wenn der Nachlassverwalter die entsprechenden Gegenstände freigibt.
Rz. 6
Der gutgläubige lastenfreie Erwerb von Grundstücksrechten ist möglich, wenn die Anordnung der Nachlassverwaltung nicht im Grundbuch eingetragen ist und dem Erwerber entweder die Anordnung der Nachlassverwaltung oder die Zugehörigkeit des Grundstücks zum Nachlass unbekannt war. Denn die den öffentlichen Glauben des Grundbuchs betreffenden §§ 892, 893 BGB werden von § 1984 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. § 81 Abs. 1 S. 2 InsO nicht berührt.
Rz. 7
Zur Ausschließung des derart möglichen gutgläubigen Erwerbs ist anerkannt, dass die Anordnung der Nachlassverwaltung im Grundbuch eingetragen werden kann; ebenso wie z.B. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 32 InsO), wenn es auch eine entsprechende gesetzliche Regelung nicht gibt und § 1984 BGB nicht auf § 32 InsO verweist. Entsprechend der Regelung des § 32 InsO ist die Anordnung der Nachlassverwaltung bei allen Nachlassgrundstücken zu vermerken, als deren Eigentümer der Erblasser oder der Erbe eingetragen sind. Im Übrigen auch bei den für den Erblasser oder den Erben eingetragenen Rechten an Grundstücken, wenn nach der Art des Rechts bei der Unterlassung der Eintragung Beeinträchtigungen der Nachlassgläubiger zu befürchten wären. Die Eintragung erfolgt auf Antrag oder behördliches Ersuchen (§§ 13, 38 GBO). Zur Stellung des Antrags ist der Nachlassverwalter berechtigt (§ 13 Abs. 1 S. 2 GBO) und im Regelfall, wegen des ansonsten drohenden gutgläubigen Erwerbs, verpflichtet. Das Nachlassgericht kann ihn zur Stellung des Antrags anhalten (§§ 1837, 1915 BGB). Nach der h.M. ist allerdings das Nachlassgericht weder berechtigt noch verpflichtet, das Grundbuchamt von Amts wegen um die Eintragung der Anordnung der Nachlassverwaltung im Grundbuch zu ersuchen (§ 38 GBO). Ist aufgrund eines Ersuchens des Nachlassgerichts an das Grundbuchamt eine Eintragung vorgenommen worden, führt das nicht zur Unrichtigkeit des Grundbuchs; ein Amtswiderspruch (§ 53 GBO) darf nicht eingetragen werden.
Rz. 8
Bei beweglichen Sachen kommt ein gutgläubiger Erwerb aufgrund einer Verfügung des Erben bzw. seines Stellvertreters nicht in Betracht, weil § 81 Abs. 1 S. 2 InsO, der in Abs. 1 S. 2 für entsprechend anwendbar erklärt wird, nur auf die §§ 892, 893 BGB, nicht jedoch auf die §§ 135 Abs. 2, 932 ff., 1032, 1207 BGB oder § 16 Abs. 2 WG verweist.
Rz. 9
Nach wohl h.M. soll gutgläubiger Erwerb jedoch möglich sein, wenn dem Erwerber die Zugehörigkeit zum Nachlass ohne grobe Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist. Der Zweiterwerber, der von demjenigen erwirbt, der den Nachlassgegenstand vom Erben oder dessen Stellvertreter erworben hat (Ersterwerber), kann sich dagegen auf den guten Glauben an die Berechtigung des Ersterwerbers berufen, weil er selbst nicht vom Erben erwirbt. In diesen Fällen hindert § 935 Abs. 1 BGB den Erwerb nur dann, wenn der Gegenstand vom Nachlassverwalter bereits in Besitz genommen war, denn dieser hat mit der Anordnung der Nachlassverwaltung lediglich ein Recht zum Besitz, nicht den Besitz selbst (wie etwa der Erbe nach § 857 BGB). Dasselbe gilt, wenn der Erbe bereits vor der Anordnung der Nachlassverwaltung freiwillig den Besitz auf einen anderen übertragen hat, der (erst) nach der Anordnung der Nachlassverwaltung über den Gegenstand gegenüber einem gutgläubigen Dritten verfügt.
Rz. 10
Aus der entsprechenden Anwendung des § 81 Abs. 3 InsO folgt, dass vermutet wird, dass die am Tage des Wirksamwerdens der Anordnung der Nachlassverwaltung vorgenommenen Verfügungen des Erben nach Inkrafttreten der Nachlassverwaltung vorgenommen sind. Demjenigen, der vom Erben derart unwirksam erworben hat, ist die Gegenleistung aus dem Nachlass zurückzuge...