Rz. 11

Sind mehrere Nachlassgläubiger vorhanden, braucht der Erbe – solange er von der Zulänglichkeit des Nachlasses ausgehen darf – keine bestimmte Reihenfolge bei der Berichtigung von Nachlassverbindlichkeiten einzuhalten (§ 1979 BGB).[26] Er kann also alle Nachlassgläubiger, auch die Minderberechtigten, nach freiem Belieben befriedigen bzw. deren Befriedigung im Wege der Zwangsvollstreckung zulassen. Ist diese Annahme nicht mehr gerechtfertigt, hat der Erbe die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens zu beantragen (§ 1980 BGB), es sei denn, dass die Überschuldung nur auf Vermächtnissen und Auflagen oder Ansprüchen nach den §§ 1973, 1974 BGB beruht (§ 1980 Abs. 1 S. 3 BGB). Konnte der Erbe erkennen, dass der Nachlass nicht ausreicht, alle Gläubiger zu befriedigen, gelten §§ 1978, 1979 BGB uneingeschränkt, solange die Voraussetzungen des § 1990 BGB nicht erfüllt sind, der Nachlass also noch nicht dürftig ist. Verletzt der Erbe die Pflicht, die Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens zu beantragen (§ 1980 BGB), macht er sich Gläubigern gegenüber schadensersatzpflichtig (§ 1980 Abs. 1 S. 2 BGB), soweit diese weniger erhalten, als sie bei Durchführung eines Nachlassinsolvenzverfahrens bekommen hätten.[27] Ist der Nachlass aufgrund der Befriedigung verschiedener Nachlassgläubiger dürftig geworden, ist das Recht des Erben, sich auf § 1990 BGB zu berufen, nicht ausgeschlossen. Der Erbe muss in diesen Fällen jedoch aus seinem Eigenvermögen denjenigen Betrag an den Nachlass leisten, der nötig ist, die nicht befriedigten Nachlassgläubiger so zu stellen, wie sie für den Fall des rechtzeitigen Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestanden hätten.[28]

[26] MüKo/Küpper, § 1991 Rn 7.
[27] BeckOK BGB/Lohmann, § 1991 Rn 8.
[28] MüKo/Küpper, § 1991 Rn 7.

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