1. Verwalterhaftung
Rz. 2
Die Bestimmung stellt zunächst klar, dass der Erbe denjenigen Nachlassgläubigern gegenüber, denen er die haftungsbeschränkenden Einreden des § 1990 BGB entgegenhält, der verschuldensunabhängigen Verwalterhaftung ausgesetzt ist (§ 1978 BGB). Sie verweist insoweit auf zwei Bestimmungen, die ansonsten lediglich im Falle der Anordnung der Nachlassverwaltung und im eröffneten Nachlassinsolvenzverfahren gelten würden, die Vorschriften der §§ 1978, 1979 BGB. Der Erbe haftet demnach, wie wenn er seit Annahme der Erbschaft die Verwaltung als Beauftragter der Nachlassgläubiger zu führen gehabt hätte (§§ 662 ff., 1978 Abs. 1 S. 1 BGB); für die Zeit bis zur Annahme der Erbschaft haftet er wie ein Geschäftsführer ohne Auftrag (§ 1978 Abs. 1 S. 2 BGB). Die derart festgelegte Verantwortung der Erben gegenüber den Nachlassgläubigern dauert bis zur vollständigen Herausgabe des Nachlasses (§ 1990 Abs. 1 S. 2 BGB) an. § 1980 BGB gilt ebenfalls entsprechend. Dass diese Vorschrift in Abs. 1 nicht erwähnt wird, beruht auf einem Redaktionsversehen.
Rz. 3
Die Nachlassgläubiger können ihre Ansprüche aus Verwalterhaftung (§§ 1991 Abs. 1, 1978 Abs. 1, 1980 Abs. 1 S. 2 BGB) gegen den Erben in unterschiedlicher Weise geltend machen:
▪ |
Sie können gegenüber der im Erkenntnisverfahren oder im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage seitens des Erben erhobenen Einrede aus § 1990 BGB darlegen, dass der Nachlass wegen dieser Ansprüche weder dürftig noch überschuldet sein kann. Trifft dies zu, ist dem Erben die Möglichkeit der Beschränkung nach § 1990 BGB verwehrt. |
▪ |
Sie können gegenüber der Vollstreckungsabwehrklage des Erben (§§ 780, 781, 785 ZPO) einwenden, dass die mit ihr begehrte Beschränkung der Vollstreckbarkeit des Titels auf den Nachlass mit Rücksicht auf das Bestehen des Anspruchs aus der Verwalterhaftung treuwidrig (§ 242 BGB "dolo facit-Einrede) ist und deshalb nicht in Betracht kommt; das führt im Erfolgsfall zu einer Abweisung der Vollstreckungsabwehrklage als unbegründet, weil dem Nachlassgläubiger gegen den Erben – und zwar dessen Eigenvermögen – der Anspruch zusteht. Die Nachlassgläubiger müssen Ansprüche des Nachlasses gegen den Erben zu diesem Zweck nicht pfänden und sich zur Einziehung überweisen lassen, sondern als eigenes Recht einklagen." |
▪ |
Sie können den Erben auch in einem eigenen Prozess auf Schadensersatz in Anspruch nehmen, was wegen der aufgezeigten Möglichkeiten meist nicht notwendig sein wird. |
2. Anspruch des Erben auf Aufwendungsersatz
Rz. 4
Der Erbe kann nach Abs. 1 nach Maßgabe der §§ 1978 Abs. 3, 1979 BGB Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. Er kann (deshalb) nicht – anders als im Fall des § 1973 BGB – alles in Anrechnung bringen, was er aus eigenen Mitteln zur Befriedigung aufgewandt hat. Voraussetzung ist, dass der Erbe den Umständen nach annehmen durfte, dass der Nachlass zur Berichtigung aller Nachlassverbindlichkeiten ausreiche (§ 1979 BGB). Auch die sonstigen Aufwendungen des Erben sind nach Auftrags- bzw. Geschäftsführungsrecht zu ersetzen. Für die Zeit ab Annahme der Erbschaft nach § 670 BGB und für die Zeit vor Annahme der Erbschaft nach den §§ 670, 683 BGB vgl. Lohmann.
Rz. 5
Der Erbe kann sich seine Aufwendungen, soweit sie ersatzfähig sind, "aus dem Nachlass" entnehmen (§ 1978 Abs. 3 BGB). Da der Erbe die Nachlassgläubiger in den Fällen des § 1990 BGB grundsätzlich in der ihm beliebenden Reihenfolge befriedigen darf, kann ihm kein Nachlassgläubiger verwehren, dass er an erster Stelle sich selbst wegen seiner Aufwendungen berücksichtigt. Wenn im Nachlass ein seinen Aufwendungsersatzansprüchen entsprechender Geldbetrag vorhanden ist, kann der Erbe diesen Betrag trotz § 1990 Abs. 1 S. 2 BGB zurückbehalten. Auch hinsichtlich anderer Nachlassgegenstände als Geld kann der Erbe wegen der Aufwendungen, die ihm nach § 1991 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1978 Abs. 3 BGB aus dem Nachlass zu ersetzen sind, ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB geltend machen.
3. Darlegungs- und Beweislast
Rz. 6
Darlegungs- und beweispflichtig für die Dürftigkeit des Nachlasses ist stets der Erbe (vgl. § 1990 Rdn 8). Demgegenüber müssen die Nachlassgläubiger darlegen und beweisen, ob und in welchem Umfang der Erbe gem. § 1991 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 1978, 1979 BGB persönlich haftet. Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Ersatz von Aufwendungen oder eines anderen Anspruchs, der gem. Abs. 2 als nicht erloschen gilt, hat allerdings dann wieder der Erbe darzulegen und z...