1. Ansprüche gegen den Erben aus Verwalterhaftung, Surrogation
Rz. 7
Zum Nachlass gehören etwa bestehende Ansprüche gegen den Erben aus Verwalterhaftung (§ 1978 Abs. 2 BGB), Ansprüche gegen den Erben als Empfänger anfechtbar erlangter Nachlassgegenstände sowie Surrogate, die ohne Zutun des Erben an die Stelle von Nachlassgegenständen getreten sind. Die Ansprüche aus der Verwalterhaftung sind, weil sie als zum Nachlass gehörend betrachtet werden, den Aktiva des Nachlasses zuzuschlagen. Durch die Addition kann es im Einzelfall sein, dass der Nachlass (jetzt) die Kosten einer Nachlassverwaltung bzw. eines Nachlassinsolvenzverfahrens decken würde. Er wäre dann nicht (mehr) dürftig und es würde die Einrede der Dürftigkeit und u.U. auch diejenige der Unzulänglichkeit entfallen. Möglich ist auch, dass eine Überschuldung entfiele. Das wird stets zu beachten sein, wenn es auch in der Praxis selten vorkommen dürfte; nicht zuletzt deshalb, weil die Aufklärung zur Vorbereitung der Ansprüche aus Verwalterhaftung aufwändig ist. Hat der Erbe mit Mitteln des Nachlasses andere Vermögenswerte erworben, gehören diese jedoch nicht zum Nachlass. Im Falle des § 1990 BGB sieht das Gesetz keine dingliche Surrogation vor. Auch eine entsprechende Anwendung des Surrogationsgrundsatzes im Wege der Rechtsanalogie kommt nicht Betracht, weil das Gesetz durch die Verweisung auf das Auftragsrecht (Abs. 1 i.V.m. § 1978 BGB) eine abweichende, dem Schuldrecht angehörende Regelung trifft.
2. Aufhebung der Konfusion bzw. der Konsolidation (Abs. 2)
Rz. 8
Nach Abs. 2 gelten im Verhältnis zu demjenigen Gläubiger, dem gegenüber sich der Erbe auf § 1990 BGB beruft, die infolge des Erbfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung erloschenen Rechtsverhältnisse als nicht erloschen. Damit entspricht die Bestimmung derjenigen des § 1976 BGB. Anders als in den Fällen des § 1976 BGB handelt es sich hier lediglich um die rechnerische Ermittlung des herauszugebenden Nachlasses, nicht um die tatsächliche Wiederherstellung erloschener Rechtsverhältnisse. Darüber hinaus erfolgt das Erlöschen relativ, also nur im Verhältnis des Erben zu demjenigen Nachlassgläubiger, dem die Einrede des § 1990 BGB entgegengehalten wird. Die infolge des Erbfalls eingetretene Vermögenszuordnung als solche bleibt unberührt. Eigengläubiger des Erben können also nicht dessen (frühere) Ansprüche gegen den Nachlass pfänden. Allerdings kann der Erbe Nachlassgläubigern, denen er seine Rechte nach § 1990 BGB gegenüber geltend macht, wiederauflebende eigene Ansprüche gegen den Nachlass als Passivposten in Rechnung stellen. Ihm steht dabei kein Zurückbehaltungsrecht zu.
3. Aufrechnung
Rz. 9
Auffallend ist, dass die Bestimmung des § 1991 BGB nicht auf den § 1977 BGB Bezug nimmt und ihn für entsprechend anwendbar erklärt, obwohl eine solche Aufrechnung den Nachlassbestand schmälern könnte. Damit ist aber nichts über den Bestand einer Aufrechnung bei Geltendmachung der beschränkten Haftung gesagt. Im Einzelnen gilt Folgendes:
Rz. 10
Die Aufrechnung eines Nachlassgläubigers mit einer ihm gegen den Nachlass zustehenden Forderung gegen eine Eigenforderung des Erben kann der Erbe unter Hinweis auf seine auf den Nachlass beschränkte Haftung zurückweisen; denn andernfalls könnten sich Nachlassgläubiger trotz der beschränkten Haftung aus dem Eigenvermögen des Erben befriedigen. Eine Zustimmung des Erben zu der erklärten Aufrechnung lässt diese jedoch wirksam werden, weil der Erbe auf die Einrede des § 1990 BGB verzichten kann. Hat allerdings ein Eigengläubiger des Erben gegen eine zum Nachlass gehörende Forderung aufgerechnet, hat die Aufrechnung Bestand. Das gilt auch, wenn ein Nachlassgläubiger mit einer ihm gegen den Nachlass zustehenden Forderung gegen eine Nachlassforderung die Aufrechnung erklärt. Sie ist trotz § 390 S. 1 BGB möglich, weil der Nachlassgläubiger nicht schlechter stehen darf als im Nachlassinsolvenzverfahren.