I. Voraussetzungen der Pflicht zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung
Rz. 2
Zunächst ist erforderlich, dass der Erbe entweder selbst (§ 2002 BGB), durch einen Vertreter, durch amtliche Aufnahme (§ 2003 BGB) oder auch durch Bezugnahme (§ 2004 BGB) ein Inventar errichtet hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ihm zuvor nach § 1994 BGB eine Inventarfrist gesetzt wurde. Weiter muss ein Nachlassgläubiger die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung durch den Erben verlangen. Verlangen kann die Abgabe jeder Nachlassgläubiger, also auch diejenigen Nachlassgläubiger, denen anderweitig ein erzwingbares Auskunftsrecht (etwa nach § 2314 BGB oder den §§ 259, 260, 1973, 1990 BGB) zusteht. Es kann sich auch um einen nach den §§ 1973, 1974 BGB ausgeschlossenen oder säumigen Nachlassgläubiger handeln. Das Verlangen können nicht stellen der Nachlass- und der Nachlassinsolvenzverwalter. Der Antrag muss von einem Nachlassgläubiger bei dem Nachlassgericht gestellt werden. Ein vollstreckbarer Titel ist nicht notwendig. Der Nachlassgläubiger muss seine Forderung glaubhaft machen (§ 31 FamFG). Die Notwendigkeit der Glaubhaftmachung erstreckt sich allerdings nicht auf die Erbenstellung.
Rz. 3
Negative Voraussetzung ist, dass der Erbe die eidesstattliche Versicherung noch nicht abgegeben hat. Ein wiederholter Antrag ist dann, wenn der Erbe die eidesstattliche Versicherung bereits abgegeben hat, nur zulässig, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dem Erben nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung weitere Nachlassgegenstände bekannt geworden sind (Abs. 4). Hat der Erbe die eidesstattliche Versicherung (einem Nachlassgläubiger gegenüber) verweigert, können andere Nachlassgläubiger ohne weitere Voraussetzungen seine erneute Ladung veranlassen.
Rz. 4
Die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung trifft nur den Erben und keine andere Person, auch nicht den Nachlasspfleger oder einen Nachlassverwalter. Während der Dauer einer Nachlassverwaltung kann die eidesstattliche Versicherung nicht verlangt werden (vgl. § 2000 S. 1 und 2 BGB). Im Nachlassinsolvenzverfahren kann das Insolvenzgericht dem Erben auf Antrag des Insolvenzverwalters aufgeben, die Vollständigkeit der Vermögensübersicht eidesstattlich zu versichern (§ 153 Abs. 2 InsO). Die Verweigerung dieser eidesstattlichen Versicherung hat keinen Verlust des Haftungsbeschränkungsrechts zur Folge.
II. Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung
Rz. 5
Die eidesstattliche Versicherung ist "zu Protokoll des Nachlassgerichts" zu geben. Zuständig ist deshalb grundsätzlich das Nachlassgericht (§§ 342 Abs. 1 Nr. 9, 343 FamFG). In Baden-Württemberg richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach § 342 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 3a ZuVOJu (Zuständigkeitsverordnung Justiz – BW v. 24.8.2017). Nachlassgerichte sind danach diejenigen Amtsgerichte, bei denen das Familiengericht angesiedelt ist. Funktionell zuständig ist der Rechtspfleger (§ 3 Nr. 2c RPflG). Terminbestimmung kann sowohl von dem Nachlassgläubiger, der den Antrag gestellt hatte, als auch von dem betroffenen Erben beantragt werden (§ 361 S. 1 FamFG). Zu dem Termin sind beide Teile zu laden; die Anwesenheit des Gläubigers ist nicht erforderlich (§ 361 S. 2 und 3 FamFG). Für die Eidesleistung gelten die §§ 478–480 und 483 ZPO entsprechend (§ 361 S. 4 FamFG). Danach ist der Eid in der Person des Erben zu leisten.
Rz. 6
Wenn der Nachlassgläubiger die Forderung nicht schon mit Antragstellung glaubhaft gemacht hat (was regelmäßig der Fall sein dürfte), hat er dies spätestens im Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nachzuholen (vgl. § 1994 Abs. 2 S. 1 BGB). Die übrigen Voraussetzungen des § 2006 BGB, insbesondere die Erbenstellung des Antragsgegners, hat das Nachlassgericht von Amts wegen zu ermitteln (§ 26 FamFG). Über den Verlauf des Termins ist ein Protokoll anzufertigen (§ 28 Abs. 4 FamFG). Jedermann, der ein berechtigtes Interesse geltend machen kann, kann Einsichtnahme in das Protokoll bzw. die Erteilung einer beglaubigten Abschrift desselben verlangen (§ 13 FamFG).
Rz. 7
Die Versicherung lautet ihrem Inhalt nach, "dass er nach bestem Wissen die Nachlassgegenstände so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei" (Abs. 1 S. 1). Es kommt dabei auf den Zeitpunkt der Abgabe der Versicherung an. Zu diesem Zeitpunkt erklärt der Erbe, dass das Inventar nicht weniger Nachlassgegenstände hat (Aktiva), als er angeben könnte. Ist das Inventar nicht von dem Erben selbst aufgenommen, ist der Inhalt der Versicherung dahingehend zu ändern, dass deutlich wird, dass die Voll...