I. Voraussetzungen der Einrede des Aufgebotsverfahrens
Rz. 2
Voraussetzung der Geltendmachung der Einrede ist zunächst, dass der Antrag auf Einleitung des Aufgebotsverfahrens der Nachlassgläubiger innerhalb eines Jahres nach Annahme der Erbschaft gestellt und der Antrag zugelassen ist (Abs. 1 Hs. 1). Es genügt dabei, dass der Antrag innerhalb der Jahresfrist gestellt wird. Für die Zulassung des Antrags (§ 434 Abs. 2 FamFG) gilt die Jahresfrist nicht; sie kann auch noch später erfolgen. Die Einrede kann nicht vor der Zulassung erhoben werden. Auf Antrag wird dem Erben im Erkenntnisverfahren allerdings gleichwohl die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass vorbehalten (§ 780 ZPO). Erst das mit der Vollstreckungsgegenklage nach §§ 782, 783, 785 ZPO befasste Gericht hat die sachlichen Voraussetzungen des § 2015 BGB zu prüfen. Schon vor Zulassung des Antrags können gem. §§ 767, 769, 785 ZPO einstweilige Anordnungen getroffen werden. Bei Bestellung eines Nachlasspflegers vor der Annahme der Erbschaft beginnt der Lauf der Frist mit der Bestellung (§ 2017 BGB). Die Einrede ist – ebenso wie diejenige des § 2014 BGB – ausgeschlossen, wenn der Erbe sein Recht zur Haftungsbeschränkung bereits verloren hat (§ 2016 Abs. 1 BGB); gegenüber Forderungen, die sofort zu befriedigen sind, wie dem Anspruch der werdenden Mutter des Erben (§ 1963 BGB), dem Dreißigsten (§ 1969 BGB), den Anzeige- und Notbesorgungspflichten aus §§ 673 S. 2, 727 Abs. 2 S. 1, 1894 Abs. 1 und § 2218 BGB, die den Erben als solchen treffen, und den Vorlegungspflichten des Erben nach §§ 809–811 BGB. Anders als die Einrede des § 2014 BGB verliert der Erbe die Einrede des § 2015 BGB nicht durch die ordnungsgemäße Inventarerrichtung.
II. Dauer der Einrede
Rz. 3
Liegen die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Einrede vor, kann sie grundsätzlich bis zur Beendigung des Aufgebotsverfahrens erhoben werden. Der Erbe ist also im Regelfall berechtigt, die Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten bis zur Beendigung des Aufgebotsverfahrens zu verweigern. Das Aufgebotsverfahren endet mit rechtskräftiger Zurückweisung des Antrags auf Erlass des Ausschließungsbeschlusses oder mit rechtskräftigem Erlass desselben (§ 439 FamFG). Der Beschluss kann ohne Rücksicht auf das Erreichen eines Beschwerdewertes (§ 439 Abs. 3 FamFG) nach den Bestimmungen der §§ 58 ff. FamFG angefochten werden.
Das Aufgebotsverfahren endet schließlich auch mit der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens (§ 457 Abs. 2 FamFG).
III. Wirkungen der Einrede
Rz. 4
Zu den Wirkungen der Einrede kann auf die Ausführungen zu § 2014 BGB Bezug genommen werden (vgl. § 2014 Rdn 5 ff.). In dem auf die Einwendungsklage nach § 785 ZPO ergehenden Urteil kann allerdings – im Unterschied zu § 2014 BGB – das Ende der Schonfrist nicht nach dem Kalender bestimmt werden, sondern – wegen Abs. 3 – nur allg. die Beendigung des Aufgebotsverfahrens angegeben werden. Auch ist hier die Inventarerrichtung ohne Einfluss auf den Ablauf der Frist. Ist im Aufgebotsverfahren ein Ausschlussurteil ergangen, können diejenigen Nachlassgläubiger, denen die Geltendmachung ihrer Ansprüche vorbehalten war, gegen den Erben vorgehen. Das gilt auch für die Eigengläubiger des Erben, die jetzt auch in den Nachlass vollstrecken können, weil auch der Schutz des § 783 ZPO, der auf § 782 ZPO Bezug nimmt, nicht andauert. Es liegt nun in der Hand des Erben, Maßnahmen zur Beschränkung seiner Haftung zu ergreifen. Gegen die im Aufgebotsverfahren wirksam ausgeschlossenen Nachlassgläubiger steht dem Erben die Einrede des § 1973 BGB zu.