I. Allgemeines
Rz. 2
Der Erbschaftsanspruch gem. § 2018 BGB stellt einen besonderen erbrechtlichen Herausgabeanspruch dar. Voraussetzung für das Bestehen des Herausgabeanspruchs des berechtigten Erben ist, dass ein unberechtigter Dritter (Erbschaftsbesitzer) aufgrund eines nicht bestehenden Erbrechts etwas aus der Erbschaft erlangt hat. Neben der objektiven Voraussetzung, einen Vermögensvorteil aus der Erbschaft erlangt zu haben, muss zusätzlich eine subjektive Komponente hinzukommen, nämlich die Anmaßung des Erbrechts (siehe Rdn 7 ff.).
II. Kreis der Anspruchsberechtigten (Gläubiger)
1. Erbe, Miterbe, Vor- und Nacherbe
Rz. 3
Anspruchs- und klageberechtigt ist zunächst der wahre Erbe. Der Miterbe kann vor der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft gegenüber Dritten nur Leistung an alle verlangen bzw. Hinterlegung für alle, § 2039 S. 2 BGB, oder aber, dass an einen Verwahrer abgeliefert wird. Von einem anderen Miterben kann er entsprechend seinem Erbteil die Einräumung von Mitbesitz verlangen. Dieser Anspruch steht ihm dann zu, wenn der Miterbe bzw. die anderen Miterben entweder sein Erbrecht generell bestreiten oder mehr, als ihrem Erbteil entspricht, aus der Erbschaft erlangt haben. Der Anspruch des Miterben aus § 2018 BGB ist nicht auf Auseinandersetzung oder Feststellung des Miterbenrechtes gerichtet, der Auseinandersetzungsanspruch und der Erbschaftsanspruch können aber in objektiver Klagehäufung geltend gemacht werden. Der Nacherbe erlangt den bereits für den Vorerben entstandenen Erbschaftsanspruch mit dem Nacherbfall (§§ 2100, 2139 BGB), und mit Eintritt des Nacherbfalls endet die Anspruchsberechtigung des Vorerben. Darüber hinaus steht der Erbschaftsanspruch dem Gläubiger eines Pfandrechts oder Pfändungspfandrechts am Erbteil zu.
2. Erbteilserwerber und der Erbschaftskäufer
Rz. 4
Anspruchsberechtigt sind auch der Erbteilserwerber nach § 2033 Abs. 1 BGB sowie der Erbschaftskäufer nach § 2371 BGB, Letzterer erst nach Abtretung des Anspruchs vom Verkäufer.
3. Nachlassverwalter, Testamentsvollstrecker, Nachlassinsolvenzverwalter, Nachlasspfleger
Rz. 5
Der Nachlassverwalter nach § 1984 BGB, der verwaltende Testamentsvollstrecker nach §§ 2211, 2212 BGB sowie der Nachlassinsolvenzverwalter nach § 80 Abs. 1 InsO sind während Ihrer Amtszeit statt des Erben zur Erhebung des Erbschaftsanspruchs berechtigt. Der Nachlasspfleger als gesetzlicher Vertreter des unbekannten Erben hat bereits aufgrund seines Rechts zum Besitz und zur Verwaltung gem. § 1960 BGB die Befugnis, die Nachlassgegenstände vom Erbanwärter herauszuverlangen, und ist daher nicht auf die Geltendmachung des Erbschaftsanspruchs angewiesen. Er muss deshalb nicht einmal die Nichtberechtigung des Erbanwärters nachweisen, er kann vielmehr die Herausgabe der Nachlassgegenstände auch dem wahren Erben gegenüber durchsetzen. Um dem Nachlasspfleger aber auch die Möglichkeit einzuräumen, Nutzungen und Surrogate herauszufordern, ist ihm auch das Recht einzuräumen, den Erbschaftsanspruch geltend zu machen. Andernfalls müsste der Herausgabeanspruch des Nachlasspflegers analog gem. § 2019 BGB auf Surrogate erweitert werden sowie auf Ansprüche nach §§ 2020 und 2012. Somit unterscheiden sich die unterschiedlichen Auffassungen im Ergebnis nicht mehr voneinander und dem Nachlasspfleger stehen die Vorschriften über der Erbschaftsanspruch als Ansprüche zur Verfügung.
III. Erbschaftsbesitzer als Anspruchsgegner (Schuldner)
Rz. 6
Anspruchsgegner ist der Erbschaftsbesitzer, der aufgrund eines ihm in Wirklichkeit nicht zustehenden (Mit-)Erbrechts etwas aus der Erbschaft erlangt hat. Mehrere Erbschaftsbesitzer haften hierbei als Gesamtschuldner. Der Anspruch beinhaltet sowohl ein subjektives (unberechtigte Anmaßung eines Erbrechtes) als auch ein objektives Element (Erlangung eines Vermögensvorteils aus der Erbschaft).
1. Erbrechtsanmaßung
Rz. 7
Während in objektiver Hinsicht vorausgesetzt wird, dass der Anspruchsgegner "etwas" erlangt hat, muss in subjektiver Hinsicht der Vermögensvorteil durch Anmaßung eines dem Anspruchsgegner nicht oder nicht in diesem Umfang zustehenden Erb- oder Miterbenrechts erlangt sein. Erbschaftsbesitzer ist demnach, wer Erbschaftsgegenstände aufgrund einer Erbrechtsanmaßung erlangt hat und auch weiterhin beansprucht. Ausreichend für die Erbrechtsanmaßung ist eine Besitzergreifung, die erkennen lässt, dass der Ergreifende etwas tun will, was nur dem Erben zusteht. Erteilt der Miterbe nicht freiwillig Auskunft, verfügt er ohne Rechnungslegung über Nachlassaktien und behauptet er nachträglich eine tatsächlich nicht erfolgte Nachlassauseinandersetzung, so kann dieses Gesamtverhalten eine Erbrechtsanmaßung begründen. Der Erbschaftsbesitzer kann sich seiner Stellung nachträglich nicht mehr dadurch entziehen, dass er sich nunme...