I. Allgemeines
Rz. 6
An die Stelle der bisher geschuldeten Herausgabe des Erbschaftsgegenstands, des Surrogats oder der Nutzungen und Früchte in Natur tritt nunmehr eine Haftung des Erbschaftsbesitzers auf Wertersatz nach Bereicherungsgrundsätzen. Hierdurch wird seine Haftung auf die noch vorhandene Bereicherung durch § 818 Abs. 3 BGB begrenzt. Der unverklagte gutgläubige Erbschaftsbesitzer ist somit auch von einer Schadensersatzpflicht wegen schuldhaft herbeigeführter Unmöglichkeit der Leistung (§§ 280 Abs. 1 u. 3, 283 BGB) freigestellt. Die Haftung des Erbschaftsbesitzers verschärft sich, wenn die Herausgabe in Natur zu einem Zeitpunkt unmöglich wird, zu dem der Erbschaftsbesitzer bereits bösgläubig (§ 2024 BGB) bzw. auf Herausgabe verklagt (§ 2023 BGB) war oder die Besitzerlangung durch eine strafbare Handlung oder verbotene Eigenmacht (§ 2025 BGB) erfolgte. Die verschärfte Bereicherungshaftung kann dann mit einer Schadensersatzhaftung zusammentreffen. Dem Erben steht gegen den Fiskus als Erbschaftsbesitzer neben dem Anspruch auf Herausgabe des Nachlasses ein Zinsanspruch gem. §§ 2018, 2021, 812 Abs. 1, 818 BGB auch dann zu, wenn der Fiskus zunächst gem. § 1936 BGB als gesetzlicher Erbe berufen war.
II. Bereicherungshaftung
1. Bereicherung
Rz. 7
Die Bereicherung ist die Vermögensmehrung, die dem Vermögen des Erbschaftsbesitzers durch die Erbschaft als Ganzes zugeflossen ist. Der Verbrauch von Nachlassmitteln löst dann eine Bereicherung des Erbschaftsbesitzers aus, wenn dieser dadurch anderweitige Ausgaben spart. Dabei ist stets darauf zu achten, ob der Erbschaftsbesitzer durch den Verbrauch von Nachlassmitteln ohnehin geplante Ausgaben oder Lebenshaltungskosten erspart hat (vollumfängliche Bereicherung) oder ob er die Ausgaben ohne die vermeintliche Erbschaft nicht gemacht hätte (dann evtl. Wegfall der Bereicherung, da die Ausgabe Folgenachteil des Erbschaftsantritts ist). Der Erbschaftsbesitzer muss, soweit er zur Herausgabe außerstande ist, nach § 818 Abs. 2 BGB dem Erben den Wert des Erlangten in Geld ersetzen. Die Beweislast für den Wert hat der Erbe.
2. Wegfall der Bereicherung
Rz. 8
Die Verpflichtung zum Wertersatz ist ausgeschlossen, soweit der Erbschaftsbesitzer nicht mehr bereichert ist (§ 818 Abs. 3 BGB). Für den Wegfall der Bereicherung ist der Erbschaftsbesitzer beweispflichtig.
a) Folgenachteile
Rz. 9
Zu beachten ist, dass als Wegfall der Bereicherung nicht nur die nachteiligen Folgen des konkreten Vorteilserwerbs in Betracht kommen. Vielmehr ist bei der Beurteilung, ob eine Bereicherung bzw. ein Wegfall der Bereicherung des Erbschaftsbesitzers vorliegt, die Erbschaft als Ganzes in Betracht zu ziehen. Dies führt dazu, dass grundsätzlich alle Folgenachteile des Erwerbs der Erbschaft als Ganzes für die Frage des Wegfalls der Bereicherung zu überprüfen sind. Bis zur Rechtshängigkeit (§ 818 Abs. 4 BGB) oder Bösgläubigkeit (§ 2024 BGB) entlastet den Erbschaftsbesitzer sowohl jeder Verlust als auch jede Verschwendung. Die Bereicherung ist dann weggefallen, wenn die ursprüngliche Vermögensmehrung, die dem Erbschaftsbesitzer durch die Erbschaft als Ganzes zugeflossen ist, durch die Ausgaben, die der Erbschaftsbesitzer im Vertrauen auf den Bestand seines Erbrechts gemacht hat, vollständig aufgezehrt wurde.
b) Ausgaben aus dem Eigenvermögen des Erbschaftsbesitzers
Rz. 10
Der Erbschaftsbesitzer kann sich auch auf Ausgaben, die er aus eigenen Mitteln auf nicht zum Nachlass gehörende Gegenstände oder zur Deckung eigener Bedürfnisse gemacht hat, berufen, um sie als Minderung der herauszugebenden Bereicherung in Abzug zu bringen. Verwendungen auf die Erbschaft sind als Wegfall der Bereicherung zu berücksichtigen.
Dies soll folgendes Beispiel verdeutlichen: Im Vertrauen auf das durch die Erbschaft erhöhte Vermögen unternimmt der Erbschaftsbesitzer eine Schiffsreise aus eigenen Mitteln (Folgenachteil). Wieder zu Hause, renoviert er mit Nachlassmitteln sein Haus, i.H.d. Hauses steigt der Grundstückswert (Bereicherung). Hier können nach Gursky die Ausgaben der Luxusreise als Folgenachteile als Minderung seiner Bereicherung aus der Hausrenovierung angesetzt werden.
Rz. 11
Den Erbschaftsbesitzer entlastet also auch, wenn er gar keine Nachlassmittel verwendet, sondern im Vertrauen auf den Erwerb der Erbschaft eigene Mittel verwandt hat. Die Ausgaben müssen auch nicht der Erbschaft zugutegekommen sein, sie müssen lediglich im Vertrauen auf den Bestand des Erbrechts gemacht worden sein. Auch eine zwecklose Verwendung entlastet somit den Erbschaftsbesitzer, und zwar unabhängig davon, aus welchen Mitteln sie vorgenommen wird.
Rz. 12
Die Verwendung eigener Mittel spielt jedoch stets nur bei der Bereicherungshaftung des Erbschaftsbesitzers nach § 2021 BGB eine Rolle, nicht hingegen, wenn es um die Herausgabe der Nachlassgegenstände sel...