I. Anwendung der Vindikationsvorschriften
1. Haftungsverschärfung
Rz. 4
Der Erbschaftsbesitzer haftet nach § 989 BGB dem Erben nun schuldhaft für alle Schäden, die ihm durch Verschlechterung, Untergang oder sonstige Unmöglichkeit der Herausgabe von streitbefangenen Erbschaftssachen entstehen. Der Ersatzanspruch des Herausgabeberechtigten im Fall der Unmöglichkeit der Herausgabe des Nachlassgegenstandes (hier: Aktiendepots) umfasst dessen Wert und den Gewinn, der ihm infolge des Unvermögens des Rückgewährpflichtigen zur Herausgabe entsteht. Für die Wertbemessung ist der Zeitpunkt des Herausgabeverlangens maßgeblich. Zu beachten ist hierbei, dass auch das schuldhafte Verhalten des Erbschaftsbesitzers nach Eintritt der Rechtshängigkeit erfolgt sein muss; alleine der Eintritt des Schadens nach Rechtshängigkeit reicht nicht aus, wenn die schadensbegründende Handlung bereits vor Eintritt der Rechtshängigkeit erfolgte. Der Erbe kann auch für die Unmöglichkeit der Herausgabe solcher Erbschaftssachen Schadensersatz verlangen, die nur besitzmäßig zum Nachlass gehörten, an welchem dem Erben jedoch nicht einmal ein obligatorisches Nutzungsrecht zustand. Der Erbschaftsbesitzer kann jedoch nachweisen, dass die Sache dem Erblasser nicht gehört hat und dem Erben deshalb tatsächlich gar kein Schaden entstanden ist. Hat der Erblasser die Sache aber seinerzeit dem wahren Eigentümer entzogen oder war er mit der Rückgabe in Verzug, ist beim Erben ein Schaden entstanden. Denn der Erbe kann ja nun nicht mehr seinen Pflichten auf Rückgabe der nicht zum Nachlass gehörenden Sache nachkommen. Der Erbschaftsbesitzer muss dem Erben dann auch den daraus resultierenden Schaden ersetzen. Befindet sich der Erbschaftsbesitzer lediglich in Verzug, so verschärft sich seine Haftung nicht, dies wird allg. im Umkehrschluss aus § 2024 S. 3 BGB abgeleitet.
2. Herausgabe von Nutzungen und Früchten
Rz. 5
Der Erbschaftsbesitzer muss dem Erben nach § 987 Abs. 2 BGB nun auch für die schuldhaft nicht gezogenen Nutzungen Ersatz leisten. Für nach Rechtshängigkeit gezogene Gebrauchsvorteile hat er gem. § 987 Abs. 1 BGB i.H.d. objektiven Wertes der Vorteile Ersatz zu leisten. Soweit Früchte nicht mehr vorhanden sind oder aber verschlechtert worden sind, wird unterschieden, ob der Erbschaftsanspruch nur bzgl. der betreffenden Muttersachen oder im Zeitpunkt der Verschlechterung oder Zerstörung der Früchte auch bereits bzgl. dieser Früchte selbst rechtshängig war. Im ersteren Fall richtet sich die Haftung nach § 987 Abs. 1 BGB i.V.m. dem allg. Leistungsstörungsrecht, im letzteren sind zusätzlich die §§ 292, 989 BGB anwendbar.
3. Verwendungsersatz
Rz. 6
Der Erbschaftsbesitzer erhält die nach Eintritt der Rechtshängigkeit gemachten Verwendungen nur nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag ersetzt. Er erhält seine Verwendung also nur ersetzt, wenn sie notwendig waren und sie zudem dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Erben entsprochen haben oder wenn der Erbe sie genehmigt hat (§§ 683, 684 S. 2, 994 Abs. 2 BGB). Ist der Erbe durch die notwendige Verwendung bei der Herausgabe noch bereichert (§§ 684 S. 1, 812 ff., 994 Abs. 2 BGB), so erhält der Erbschaftsbesitzer ebenfalls Ersatz seiner notwendigen Verwendungen. Die Verwendungen müssen nicht auf die mit der Klage herausverlangten Sachen gemacht worden sein. Dies ergibt sich daraus, dass der Erbschaftsanspruch auch nach Rechtshängigkeit ein Gesamtanspruch bleibt. Der Erbschaftsbesitzer kann daher auch solche Verwendungen geltend machen, die er auf andere Nachlassgegenstände, die nicht Gegenstand der anhängigen Klage sind, oder auf die Erbschaft im Ganzen gemacht hat. Verlangt der Erbschaftsbesitzer Verwendungsersatz für die Zahlung von Nachlassverbindlichkeiten, ist der Erbe hierzu nur verpflichtet, wenn der Erbschaftsbesitzer die Schranken der §§ 1978–1980, 1991 BGB beachtet hat. Hat der Erbschaftsbesitzer Ersatz in Geld zu leisten, so ist er nach Eintritt der Rechtshängigkeit zur Verzinsung verpflichtet, § 291 BGB.
II. Bereicherungsanspruch des Erben, § 2021 BGB
Rz. 7
Die Folgen der Rechtshängigkeit des Bereicherungsanspruchs nach § 2021 BGB ergeben sich aus § 818 Abs. 4 BGB, so dass eine verschärfte Haftung nach den allg. Vorschriften der §§ 291, 292, 987 ff. BGB mit Rechtshängigkeit des Bereicherungsanspruchs eintritt. Die Regelung in § 2023 BGB ist auf den Bereicherungsanspruch aus § 2021 BGB nicht anwendbar. Umstritten ist, ob sich der Erbschaftsbesitzer mit Eintritt der Rechtshängigkeit des Bereicherungsanspruchs des Erben aus § 2021 BGB überhaupt noch auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann. Da der mit der Klage geltend gemachte Bereicherungsanspruch des Erbe...