I. Erlangung durch Straftat
Rz. 4
Die Schadensersatzhaftung des § 2025 BGB setzt voraus, dass der Erbschaftsbesitzer einen Erbschaftsgegenstand durch eine Straftat erlangt hat. Als Delikte werden im Wesentlichen Betrug, Unterschlagung, Erpressung und Urkundenfälschung in Betracht kommen, sowie die Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung im Erbscheinsverfahren. In diesen Fällen wird der Erbschaftsbesitzer meist auch bösgläubig sein, so dass auch die Voraussetzungen des § 2024 BGB vorliegen. Es ist aber auch möglich, dass der Erbschaftsbesitzer hinsichtlich seines Erbrechts in gutem Glauben ist und sich durch die Straftat nur die Durchsetzung oder den Nachweis seines Rechts erleichtern möchte. Zu denken ist hier z.B. an den Fall, dass der Erbschaftsbesitzer das Testament, das ihn als Alleinerben ausgewiesen hat, nicht mehr auffindet und es daraufhin selbst neu erstellt. Der Erbschaftsbesitzer haftet auch in diesem Fall trotz seines guten Glaubens an sein Erbrecht nach Deliktsrecht.
II. Erlangter Erbschaftsgegenstand
Rz. 5
Als erlangter Erbschaftsgegenstand kommen alle zur Erbschaft gehörenden Sachen und Rechte sowie die Surrogate nach § 2019 BGB in Betracht. Unter § 2025 BGB fällt aber auch die Erlangung der Erbschaft als Ganzes, z.B. durch die Vorlage eines gefälschten Testaments.
III. Erlangung durch verbotene Eigenmacht
Rz. 6
Der Erbschaftsbesitzer haftet auch dann nach Deliktsrecht, wenn er eine Erbschaftssache durch verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB) erlangt hat. Die verbotene Eigenmacht ist nur an zur Erbschaft gehörenden Sachen möglich, nicht an Rechten.
1. Schuldhafte Handlung
Rz. 7
Die Erlangung der Erbschaftssache durch verbotene Eigenmacht muss schuldhaft begangen worden sein. Dies folgt daraus, dass die Erlangung der Sache durch eine Straftat schuldhaft erfolgt sein muss und sich ein Wertungswiderspruch zur Erlangung der Sache durch verbotene Eigenmacht ergeben würde, wenn diese nicht auch Verschulden voraussetzen würde. Die verbotene Eigenmacht muss somit vorsätzlich oder fahrlässig begangen worden sein, wobei jede Art von Fahrlässigkeit ausreicht, auch leichte Fahrlässigkeit.
2. Privilegierung des gutgläubigen Besitzers
Rz. 8
Da bereits leichte Fahrlässigkeit für die Annahme verbotener Eigenmacht ausreicht, würde auch der gutgläubige Erbschaftsbesitzer unter die Haftungsverschärfung des § 2025 BGB fallen. Der gutgläubige Erbschaftsbesitzer wird deshalb dadurch geschützt, dass nach S. 2 die Deliktshaftung nach verbotener Eigenmacht zusätzlich davon abhängt, dass sich die verbotene Eigenmacht des gutgläubigen Erbschaftsbesitzers gegen eine bereits ausgeübte tatsächliche Sachherrschaft und nicht bloß gegen den Erbenbesitz nach § 857 BGB gerichtet haben muss. Hat der Erbe den Besitz noch nicht ergriffen, führt die schuldhaft verbotene Eigenmacht des gutgläubigen Erbschaftsbesitzers somit zu keiner Haftungsverschärfung. Der Erbschaftsbesitzer muss gewusst – oder infolge Fahrlässigkeit nicht gewusst – haben, dass er durch die Erlangung der konkreten Erbschaftssache einem Dritten (dem späteren wahren Erben) dessen bereits begründete Sachherrschaft entzieht. Trifft ihn diesbzgl. kein Verschuldensvorwurf, haftet er nicht nach Deliktsrecht; auf eine schuldhaft fahrlässige Annahme seiner eigenen Erbberechtigung kommt es dann nicht an. Zu beachten ist allerdings, dass es ausreicht, dass der Erbschaftsbesitzer dem Besitzmittler des Erben die Sache durch verbotene Eigenmacht weggenommen hat, da geschützte Sachherrschaft i.S.d. § 2025 BGB auch die Ausübung des mittelbaren Besitzes durch den Erben ist.
3. Tatbestand der unerlaubten Handlung
Rz. 9
Da § 2025 BGB eine Rechtsgrundverweisung enthält, haftet der Erbschaftsbesitzer wegen der von ihm begangenen verbotenen Eigenmacht nur nach Deliktsrecht, wenn zusätzlich der Tatbestand einer unerlaubten Handlung gem. §§ 823 ff. BGB vollständig erfüllt ist. Hält sich der Erbschaftsbesitzer schuldlos für den berechtigten Erben und entzieht diesem schuldhaft die bereits begründete Sachherrschaft, so erfüllt dies nicht den Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB. Der Erbschaftsbesitzer glaubt hier schuldlos, lediglich den unberechtigten Besitz des in Wirklichkeit zu Recht besitzenden tatsächlichen Erben zu verletzten, und erfüllt deshalb nicht den subjektiven Tatbestand des § 823 Abs. 1 BGB.