I. Ausschluss des gutgläubigen Erwerbs
Rz. 6
Der Erbschaftserwerber kann sich wie der Erbschaftsbesitzer nicht auf die Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb (§§ 892 f., 932 ff., 2366 f. BGB) der Erbschaft als Ganzes berufen. Wer hingegen nur einzelne Sachen vom Erbschaftsbesitzer erwirbt, kann bei Vorliegen der Voraussetzungen der sachenrechtlichen (§§ 892, 932 ff. BGB) und erbrechtlichen (§ 2366 BGB) Vorschriften gutgläubig erwerben. Hier ist allerdings darauf hinzuweisen, dass der Erwerb beweglicher Sachen von dem Erbschaftsbesitzer an der Vorschrift des § 935 BGB scheitern kann.
II. Gleichstellung des Erbschaftserwerbers mit dem Erbschaftsbesitzer
Rz. 7
Der Erbschaftserwerber wird mit dem Erbschaftsbesitzer durch § 2030 BGB gleichgestellt, so dass auf ihn grundsätzlich sämtliche Vorschriften der §§ 2018–2029 BGB anzuwenden sind. Die Herausgabepflicht des Erwerbers erstreckt sich also auch auf die Surrogate (§ 2019 BGB), die Nutzungen (§ 2020 BGB) und die Bereicherung (§ 2021 BGB). Der Erwerber haftet aber immer nur in dem Umfang, wie er selbst etwas "aus der Erbschaft erlangt" hat. Er haftet also z.B. nicht für die Herausgabe von Nachlasssachen, die bereits durch den Erbschaftsbesitzer verbraucht oder zerstört wurden. Der Erwerber haftet auch nur dann nach §§ 2024, 2025 BGB verschärft, wenn die Voraussetzungen für die Haftungsverschärfung gerade in seiner Person erfüllt sind. Sind Ansprüche des Erben gegenüber dem Erbschaftsbesitzer bereits rechtshängig, tangiert dies nicht die Haftung des Erwerbers. Der Erwerber kann neben seinen eigenen Verwendungen auch die Verwendungen des Erbschaftsbesitzers analog § 999 Abs. 1 BGB. geltend machen. Ihm kommt die Ersitzungszeit des Erbschaftsbesitzers zugute. Zu den ersatzfähigen eigenen Verwendungen des Erwerbers gehört jedoch nicht der Kaufpreis, den er für die Erbschaft gezahlt hat; er kann ihn auch nicht als Minderung seiner Bereicherung i.R.d. § 2021 BGB absetzen.
III. Inanspruchnahme von Erbschaftsbesitzer und Erbschaftserwerber
1. Wahlrecht des Erben
Rz. 8
Der Erbe hat ein Wahlrecht, ob er gegen den Erbschaftsbesitzer oder den Erbschaftserwerber vorgehen möchte. Dies führt zu Schwierigkeiten, da Erbschaftsbesitzer und Erbschaftserwerber nicht als Gesamtschuldner haften und eine Doppelbefriedigung des Erben ausgeschlossen werden muss. Der Erbe hat nur die Wahl zwischen den Ansprüchen, er kann aber nicht aus beiden Ansprüchen nebeneinander die volle Befriedigung verlangen.
2. Herausgabe des Veräußerungserlöses
Rz. 9
Insbesondere die Behandlung des vom Erbschaftsbesitzer erhaltenen Veräußerungserlöses erweist sich als problematisch. Nach § 2019 BGB kann der Erbe den Veräußerungserlös vom Erbschaftsbesitzer als Surrogat der veräußerten Erbschaft herausverlangen. Daneben bestehen die Ansprüche des Erben aus § 2030 BGB gegenüber dem Erwerber; er kann von diesem die Herausgabe der Erbschaft verlangen. Der Erbe hat die Wahl, welchen dieser Ansprüche er geltend machen will. Dies darf jedoch zu keiner Doppelbefriedigung des Erben führen. Umstritten ist, wie dieses Ergebnis zu vermeiden ist. Nach h.M. kann der Erbe vom Erbschaftsbesitzer nach §§ 2018, 2019 BGB Herausgabe des durch die Veräußerung der Erbschaft erzielten Kaufpreises als Surrogat nach § 2019 BGB verlangen, Zug um Zug gegen die Genehmigung der Verfügungen. Man wird bereits in der Geltendmachung des Herausgabeanspruchs nach § 2019 BGB eine Genehmigung der Verfügung des Erbschaftsbesitzers sehen müssen. Die Genehmigung muss sich auch nicht auf alle Verfügungen erstrecken, die Genehmigung einzelner Verfügungen ist möglich. Kann nur ein Teil des Kaufpreises herausgegeben werden, braucht der Erbe nur diejenigen Verfügungen über Erbschaftsgegenstände zu genehmigen, die dem Kaufpreis im Wert entsprechen.
Rz. 10
Nach a.A. kann der Erbe vom Erbschaftsbesitzer den durch die Veräußerung der Erbschaft erzielten Kaufpreis auch ohne Genehmigung der Verfügungsgeschäfte herausverlangen, allerdings in analoger Anwendung von § 255 BGB nur Zug um Zug gegen Abtretung seiner Ansprüche gegen den Erwerber bzw. bei einer mit der tatsächlichen Erlangung des Kaufpreises automatisch eintretenden entsprechenden Minderung der Ansprüche gegen den Erwerber.
Rz. 11
Genehmigt der Erbe die Verfügungen des Erbschaftsbesitzers nicht, kann er auch gegen den Erbschaftserwerber vorgehen und von diesem die Herausgabe der durch die unwirksamen Verfügungen des Erbschaftsbesitzers erlangen Gegenstände nach §§ 2018, 2030 BGB verlangen. Der Erbschaftserwerber wiederum hat ggf. die Möglichkeit, einen Anspruch aus Rechtsmängelhaftung gem. §§ 2376, 433 Abs. 1 S. 2, 435, 437 BGB gegenüber dem Erbschaftsbesitzer geltend zu machen.
3. Schadensersatz
Rz. 12
Sofern der Erbe den Anspruch aus § 203...