1. Gebührentatbestand
Rz. 26
Auch wenn lediglich ein Miterbe ein Mandat für die Erbengemeinschaft erteilt, fällt die Geschäftsgebühr und/oder Verfahrensgebühr verbunden mit einer Erhöhungsgebühr gem. § 13 RVG, Nr. 1008 VV RVG an. Berechtigt und verpflichtet wird nicht das vertretende Mitglied der Erbengemeinschaft, sondern die Gesamtheit der Miterben. Dies gilt auch dann, wenn der Rechtsanwalt zunächst den Erblasser vertreten hat und den Rechtsstreit für dessen Erben fortführt.
2. Gebührenhöhe
Rz. 27
I.R.d. Abwicklung eines erbrechtlichen Mandats wird unter Berücksichtigung der Kriterien des § 14 Abs. 1 RVG lediglich ausnahmsweise eine geringere Gebühr als die Höchstgebühr (2,5) anzusetzen sein. Die Tätigkeit des Rechtsanwalts für oder gegen eine Erbengemeinschaft oder gar die Tätigkeit i.R.d. Auseinandersetzung ist rechtlich regelmäßig schwierig und umfangreich. Nach der Anmerkung zu Nr. 2300 VV RVG wäre es ausreichend, wenn die Tätigkeit umfangreich "oder" schwierig war, um eine höhere Gebühr als 1,3 zu fordern.
Erbrecht ist ein Gebiet, das intensive Kenntnis der Spezialmaterie und regelmäßige Fortbildung verlangt und bereits aus diesem Grund eine höhere Gebühr innerhalb des Gebührenrahmens rechtfertigt. Nicht erst die Einführung der Fachanwaltsbezeichnung "Fachanwalt für Erbrecht" hat verdeutlicht, dass Erbrecht kein Rechtsgebiet ist, das der Rechtsanwalt "nebenbei" erledigen kann.
Die Bedeutung der Angelegenheit wird für den Auftraggeber regelmäßig ebenfalls überdurchschnittlich sein. Es ist für ihn keine "Angelegenheit des täglichen Lebens", es geht stattdessen um eine rechtliche und tatsächliche Ausnahmesituation, die sein Leben unter Umständen auch nachhaltig beeinflussen wird.
Meist wird ungeachtet der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers (§ 14 Abs. 1 RVG) allein bereits der Umfang der Sache eine Erhöhung der Gebühren bis zur vollen Gebühr rechtfertigen. Denn Auseinandersetzungen mit einer Erbengemeinschaft erfordern aufgrund der unterschiedlichen Zielvorstellungen einen erheblichen Aufwand des Rechtsanwalts (eine Erhöhung der Geschäftsgebühr über die Mittelgebühr i.H.v. 1,3 wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn Besprechungen mit der Gegenseite stattgefunden haben: "umfangreiche Tätigkeit" i.S.d. Anmerkung zu Nr. 2300 VV RVG; zum Streitwert siehe § 2042 Rdn 64).
3. Gegenstandswert
Rz. 28
Wird ein Miterbe mit dem Ziel vertreten, seine Stellung als Alleinerbe zu erreichen, oder eine enterbte Person mit dem Ziel, eine (Mit-)Erbenstellung zu erreichen, so ist für den Gegenstandswert der Wert der beabsichtigten Besserstellung maßgebend.
Beispiel
Der verwitwete Erblasser E hinterlässt ein Vermögen i.H.v. 900.000 EUR. Seine drei Kinder A, B, und C sind gesetzliche Erben zu je ⅓. Kurz nach dem Tod taucht jedoch ein Testament auf, wonach C von der Erbfolge ausgeschlossen sein soll. Wenn der Anwalt C vertritt mit der Maßgabe, die Unwirksamkeit des Testaments zu erreichen, liegt der Gegenstandswert bei 150.000 EUR. Denn als Pflichtteilsberechtigter hätte er auch bei Enterbung einen Anspruch auf 1/6 des Nachlasswertes, mithin 150.000 EUR. Seine beabsichtigte Besserstellung kann sich mithin nur auf die Differenz zu dem beziehen, was er ohnehin erhält (den Pflichtteil).
Wird einer der Miterben A oder B vertreten und wird gegen diesen vertretenen Miterben als Gesamtschuldner der gesamte Pflichtteil geltend gemacht wird, ist das wirtschaftliche Interesse des Miterben an der Vertretung der Pflichtteilsanspruch in der geltend gemachten Höhe (und nicht etwa lediglich der Anteil, zu dem der Miterbe im Innenverhältnis der Erbengemeinschaft die Pflichtteilslast zu tragen hat).
Wird der Anwalt ausschließlich mit der Abwehr des Angriffs gegen die Wirksamkeit des Testaments beauftragt, betrüge der Gegenstandswert 75.000 EUR. Denn um diesen Betrag verringert sich jeweils der Nachlasswert zum Nachteil von A und B, wenn C Miterbe würde, da der Anspruch des C auf den Pflichtteil ihm in jedem Fall verbliebe (bei Wirksamkeit des Testaments: 450.000 EUR Erbanteil, abzgl. des Pflichtteilsanspruchs des C, soweit er im Innenverhältnis zu tragen ist, i.H.v. 75.000 EUR= 375.000 EUR; bei Unwirksamkeit verringert sich die Erbquote von ½auf ⅓, der Wert des Erbteils wäre mithin lediglich noch 300.000 EUR; Besserstellung bei Wirksamkeit mithin 375.00 EUR abzgl. 300.000 EUR = 75.000 EUR).
Rz. 29
Werden beide Miterben vertreten, so sind in diesem Fall die Werte zu addieren und die Gebühren gem. § 13 RVG, Nr. 1008 VV RVG zu erhöhen. Anders als bei der Vertretung mehrerer Pflichtteilsberechtigter (die wegen möglicher Interessenkollision des Anwalts ohnedies zu vermeiden ist) liegt hier eine Angelegenheit vor. Wegen des Risikos der Interessenkollision vgl. Rdn 35 f.
Rz. 30
Der Wert des Erbteils berechnet sich nach einer Au...