I. Jeder Miterbe
Rz. 2
"Miterbe" ist auch der lediglich bedingt oder befristet als Miterbe Berufene, egal ob aufgrund gesetzlicher oder testamentarischer Erbfolge. Die Höhe der Beteiligung am Nachlass ist unerheblich, so dass auch die Beteiligung mit einem geringen Bruchteil gleiche Rechte gewährt. Der Nachlasspfleger für einen unbekannten Miterben ist nicht Miterbe i.S.v. § 2033 BGB und darf daher nicht über den Erbanteil verfügen.
II. Anteil
Rz. 3
Der Anteil am Nachlass wird bestimmt durch die Erbquote, mit der ein Miterbe am Nachlass (zum Begriff "Nachlass" siehe § 2032 Rdn 3) beteiligt ist. Über diesen Anteil kann der Miterbe verfügen, so lange auch nur noch ein einziger Nachlassgegenstand vorhanden und die Erbengemeinschaft noch nicht auseinandergesetzt ist. Als Minus zur Verfügung über den gesamten Anteil kann der Erbe auch über einen Bruchteil seines Miterbenanteils verfügen. Einzelne Gegenstände oder Rechte können nicht von der Verfügung ausgenommen werden.
III. An dem Nachlass
Rz. 4
Siehe hierzu § 2032 Rdn 3.
IV. Verfügen
Rz. 5
Verfügung ist ein Rechtsgeschäft, das unmittelbar darauf gerichtet ist, auf das Recht am Miterbenanteil einzuwirken, es also entweder auf einen Dritten zu übertragen, mit einem Recht zu belasten, das Recht aufzuheben oder es sonstwie in seinem Inhalt zu verändern. Unter Verfügung i.S.v. § 2033 Abs. 1 BGB ist mithin nur das dingliche Rechtsgeschäft, nicht die (bloße) schuldrechtliche Verpflichtung zur Übertragung zu verstehen, da jene noch nicht unmittelbar auf das Recht am Miterbenanteil einwirkt. Auch die Zwangsvollstreckung gem. §§ 857, 859 Abs. 2 ZPO ist Verfügung i.S.v. § 2033 BGB, so dass der Nachlassanteil, nicht hingegen der Anteil an einzelnen Nachlassgegenständen gepfändet werden kann (zur Zwangsvollstreckung im Einzelnen siehe Rdn 16 ff). Der Vor-Miterbe darf über seinen Erbteil insgesamt verfügen, die Rechte des Nach-Miterben werden hierdurch nicht beeinträchtigt. Sowohl der Nach-Miterbe als auch der Allein-Nacherbe können zwischen Erbfall und Nacherbfall über ihr Anwartschaftsrecht analog § 2033 Abs. 1 BGB verfügen. Bei Verzicht auf das Nacherbenrecht zugunsten des Vorerben ist § 2033 Abs. 1 BGB daher ebenfalls analog anwendbar, da auch darin eine Verfügung liegt.
V. Notarielle Beurkundung
Rz. 6
Die Verfügung über einen Erbteil muss gem. Abs. 1 S. 2 notariell beurkundet werden, § 128 BGB, § 20 BNotO. Ein Verstoß gegen das Erfordernis der notariellen Beurkundung führt gem. § 125 S. 1 BGB zur Nichtigkeit des Verfügungsvertrages. Durch Vollziehung der Übertragung wird ein Mangel in der Form nicht geheilt.
Ein im schriftlichen Verfahren gem. § 278 Abs. 6 ZPO geschlossener Vergleich wahrt die erforderliche Form der notariellen Beurkundung.
VI. An einzelnen Nachlassgegenständen
Rz. 7
Nachlassgegenstände i.S.v. Abs. 2 BGB sind alle Sachen i.S.v. § 90 BGB sowie auch Forderungen ebenso wie der Anteil an einem Nachlasshandelsgeschäft und der Anteil an einem zur Erbschaft gehörenden anderen Nachlass.
VII. Kann ein Miterbe
Rz. 8
Über einen Anteil am Nachlassgegenstand kann ein Miterbe weder allein noch zusammen mit den übrigen Miterben verfügen. Möglich ist aber die einvernehmliche Verfügung aller Miterben über den gesamten Nachlassgegenstand, § 2040 Abs. 1 BGB (siehe § 2040 Rdn 1 ff. sowie § 2038 Rdn 17 und 69).
VIII. Nicht verfügen
Rz. 9
Jedes dingliche Rechtsgeschäft ist "Verfügung", da es ohne weiteres auf das Recht am Nachlassgegenstand einwirkt (siehe zunächst Rdn 5). Die (bloße) schuldrechtliche Verpflichtung ist keine Verfügung, da jene noch nicht unmittelbar auf das Recht am Nachlassgegenstand einwirkt. Es gibt jedoch auch im Bereich des Schuldrechts Erklärungen, die unmittelbar ein Schuldverhältnis umgestalten und daher Verfügungen sind. Z.B. sind der Erlass (§ 397 BGB), die Abtretung (§§ 398 ff. BGB), die befreiende Schuldübernahme (§§ 414 ff. BGB) und die Vertragsübernahme Verfügungen i.S.v. § 2033 Abs. 2 BGB. Gestaltungserklärungen wie Anfechtung, §§ 119 ff. BGB (nicht hingegen die Anfechtung nach dem AnfG), Rücktritt (§ 349 BGB), Aufrechnung (§ 388 BGB) und Kündigung wirken auch unmittelbar auf ein Recht am Nachlassgegenstand ein und sind daher ebenfalls Verfügungen. Auch die Zwangsvollstreckung gem. §§ 857, 859 Abs. 2 Z...