aa) Stimmberechtigung
Rz. 38
Jeder Miterbe ist stimmberechtigt. Für minderjährige, abwesende oder sonst an der Stimmabgabe verhinderte Erben bedarf es keines Pflegers, Vertreters u.Ä., wenn auch ohne diese Erben eine Mehrheit zustande kommt. Für den Minderjährigen sind im Übrigen dessen gesetzliche Vertreter abstimmungsberechtigt, § 1629 Abs. 1 BGB, meist also beide Eltern, die sich auch untereinander vertreten können. Bei Interessenwiderstreit in eigenen Angelegenheiten hat der Miterbe kein Stimmrecht, so bspw., wenn ihm selbst der Vorwurf nicht ordnungsgemäßer Verwaltung gemacht wird oder über die Entscheidung über die Entnahme von Aktien zum Zweck der Begleichung einer Forderung des Miterben abzustimmen ist, § 34 BGB, § 47 GmbHG analog. Ebenso wenig dürfen die Eltern für den Minderjährigen abstimmen, wenn er selbst von der Maßnahme betroffen ist. Allerdings führt nicht jede Interessenkollision zum Ausschluss des Stimmrechts: So ist der Gesellschafter einer GmbH nicht vom Stimmrecht ausgeschlossen, wenn er zugleich Mitglied einer Erbengemeinschaft ist, die über den Abschluss eines Geschäftes mit der GmbH abstimmt.
bb) Mehrheit
Rz. 39
§ 745 Abs. 1 BGB ergänzt die Regelung des § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB. Erst aufgrund dieser Verweisung ergibt sich das Prinzip der Entscheidung durch Mehrheitsentscheidung bei ordnungsgemäßen Verwaltungsmaßnahmen. Aus Abs. 1 S. 2 ergibt sich, dass es nicht auf eine Mehrheit nach Köpfen ankommt, sondern auf die Höhe der Erbquote an der Gemeinschaft. Auf die "Werthaltigkeit" der Erbquote kommt es nicht an. Stimmberechtigt bleibt daher auch der Miterbe, der aufgrund von Vorempfängen oder Schadensersatzansprüchen bei der Auseinandersetzung nichts mehr zu erwarten hat. In Betracht kommt hier eventuell eine rechtsmissbräuchliche Stimmausübung, falls der Miterbe den Interessen der Erbengemeinschaft grob zuwiderhandelt. Werden bei der Abstimmung Miterben übergangen, ist der Beschluss wirksam, sofern eine absolute Mehrheit mitgestimmt hat. Stimmenthaltungen sind nicht mitzuzählen. Stimmenenthaltung liegt auch dann vor, wenn der Miterbe trotz zweifacher Aufforderung keine Stimme abgibt. Bei Erben, die zu je ½ an der Erbengemeinschaft beteiligt sind, gibt es keine Mehrheit. Wenn ein Erbe einen Anteil größer als 50 % an der Erbengemeinschaft hat, beherrscht er vorbehaltlich des Rechtsmissbrauchs die Erbengemeinschaft. Das Mehrheitsprinzip wird dadurch jedoch nicht außer Kraft gesetzt. Die Minderheit in der Erbengemeinschaft wird durch das Recht geschützt, jederzeit die Auseinandersetzung zu verlangen, § 2042 BGB. Außerdem gewährt § 745 Abs. 3 BGB jedem Erben ein nicht entziehbares Recht auf Teilhabe an der Nutzung des Nachlasses entsprechend seiner Erbquote (siehe Rdn 46). Zu prozessualen Möglichkeiten des überstimmten Miterben vgl. Rdn 72.
cc) Form der Beschlussfassung
Rz. 40
Jeder Miterbe ist vor der Beschlussfassung anzuhören, insbesondere die Minderheiten. Ein Verstoß hiergegen führt zwar nicht zur Unwirksamkeit des Beschlusses, begründet aber möglicherweise Schadensersatzansprüche. Für die Beschlussfassung selbst gibt es keine Form- oder Verfahrensvorschriften. Die Beschlussfassung selbst kann formlos oder auch im schriftlichen Umlaufverfahren erfolgen. Die Willenserklärung des einzelnen Erben ist empfangsbedürftig und kann gegenüber jedem Erben erfolgen. Möglich sind auch wechselseitige Bevollmächtigungen der Erben oder dritter Personen.