1. Jeder Miterbe
Rz. 11
Die Mitwirkungspflicht besteht nur unter den Miterben (zum Begriff des Miterben siehe § 2033 Rdn 2). Ein Dritter kann daher weder von einem Miterben die Mitwirkung zu einer Verwaltungshandlung verlangen, noch kann er aus dem Unterlassen Schadensersatzansprüche herleiten. Der Dritte kann sich aber von einem Miterben dessen Anspruch abtreten lassen oder im Wege der Prozessstandschaft geltend machen.
2. Anderen gegenüber
Rz. 12
Die "anderen" sind ausschließlich die Miterben der Erbengemeinschaft (hinsichtlich außenstehender Dritter siehe Rdn 11).
3. Zu Maßregeln verpflichtet mitzuwirken
Rz. 13
Abs. 1 S. 2 Hs. 1 regelt eine Ausnahme vom Grundsatz der Einstimmigkeit: Zwar ist auch bei ordnungsgemäßer Verwaltung Einstimmigkeit erforderlich. Hier sind die Erben jedoch verpflichtet, mitzuwirken und so das gemeinschaftliche Handeln i.S.v. Abs. 1 S. 1 zu gewährleisten. Bei außerordentlicher Verwaltung i.S.v. Abs. 1 S. 1 kann bereits ein Erbe die Handlungsfähigkeit der Erbengemeinschaft blockieren, indem er seine Zustimmung bzw. Mitwirkung verweigert. Gezwungen werden kann er dann nicht. Zur Mitwirkungspflicht i.S.v. Abs. 1 S. 2 gehört nicht lediglich Zustimmung zum Handeln der Gemeinschaft. "Mitwirkung zu Maßregeln" ist hier weiter zu verstehen und umfasst ggf. auch eigenes aktives, auch rechtsgeschäftliches Handeln. Diese Verpflichtung kann im Klagewege erzwungen werden, wobei der Klageantrag ausschließlich gegen die Erben zu richten ist, die eine Mitwirkung entweder in Form ihrer Zustimmung oder einer Handlung verweigern. Die Anträge sind auf eine Maßnahme zu richten, die dem Interesse aller Miterben nach billigem Ermessen entsprechen muss (siehe Rdn 73).
4. Ordnungsgemäße Verwaltung
Rz. 14
"Ordnungsgemäße" Verwaltung umfasst gem. Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 745 BGB alle Maßnahmen, die der Beschaffenheit des betreffenden Nachlassgegenstandes und dem Interesse aller Miterben nach billigem Ermessen entsprechen. Die Frage der Ordnungsmäßigkeit ist an dem Verhalten einer verständigen Person in der gleichen Situation zu beurteilen. Maßgebend ist der Standpunkt eines vernünftig und wirtschaftlich denkenden Beurteilers zum Zeitpunkt, in dem die Handlung vorgenommen werden soll. "Vernünftig" und "wirtschaftlich" ist es, bei mehreren Wegen, die zum gleichen Erfolg führen, den einfacheren und leichteren Weg zu wählen. Die einem Miterben zustehende Nutzungsquote und das Vermögen der Gemeinschaft dürfen weder gefährdet noch gemindert werden. Eine wesentliche Veränderung des Nachlassgegenstandes ist keine ordnungsgemäße Verwaltung mehr und kann daher weder mehrheitlich beschlossen noch verlangt werden, Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 745 Abs. 3 BGB (siehe hierzu im Einzelnen Rdn 45).
Rz. 15
Verwaltungsmaßnahmen sind bspw.
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Anfechtung, auch eines Eigentümerbeschlusses (siehe auch Rdn 27) |
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Antragstellung und deren Rücknahme beim Grundbuchamt |
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Baumaßnahmen auf einem Grundstück |
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Entlassung oder Anstellung von Grundstücksverwaltern oder Bediensteten |
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Erlass von Forderungen |
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Forderungseinziehung, auch Miet- und Pachtzins |
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Handelsgeschäft fortführen oder einstellen |
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Kapitalanlage bis zur Auseinandersetzung |
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Klage zum Schutz eines verpfändeten Grundstücks vor ungerechtfertigter Vollstreckung |
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Mahnungen (siehe hierzu auch § 2039, insbesondere § 2039 Rdn 8) |
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Nachbarschaftsrechte gegen Baugenehmigung geltend machen |
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Nachlassschulden begleichen, insbesondere laufende Verbindlichkeiten |
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Pflichtteilsansprüche beziffern und auszahlen (auch bei Testamentsvollstreckung) |
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Rechtsstreitigkeiten einschließlich der Prozessführung |
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Regelung zur Benutzung von Nachlassgegenständen |
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Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen, soweit sie aus Nachlassmitteln beglichen werden können; gerade in diesen Fällen verbietet sich jedoch eine generelle Aussage und es kommt maßgebend auf den Einzelfall an, mithin auf die allg. wirtschaftlichen Verhältnisse, die konkreten wirtschaftlichen Verhältnisse des gesamten Nachlasses und den Zustand des Nachlassgegenstands |
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Rücktritt |
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Stille Gesellschaft mit Dritten eingehen |
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Stimmrechtsregelung aufgrund eines GmbH-Geschäftsanteils vor Ausübung des Stimmrechts gem. § 18 Abs. 1 GmbHG |
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Verarbeitung halbfertiger Produkte, auch wenn dadurch neue Produkte entstehen |
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Veräußerung von Grundstücken |
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Vergleichsabschluss über Forderungen für und gegen den Nachlass |
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Vermietung und Verpachtung von Nachlassgegenständen |
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Vertragsabschluss |
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Verwaltung und Vertretung auf einzelne Miterben oder einen Dritten übertragen |
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Vollmachterteilung |
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Widerspruch gegen Verlängerung eines Mietverhältnisses; im Gegensatz zur Kündigung ist der Widerspruch die Ablehnung eines "Angebots auf Abschluss eines inhaltsgleichen Mietvertrags". |
Jedenfalls seit der Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2005 zählen auch Verfügungen zu den mitwirkungspflichtigen Verwaltungsmaß...