1. Anspruch gehört zum Nachlass
Rz. 2
Ein Anspruch i.S.d. Legaldefinition des § 194 BGB gehört zum Nachlass, wenn es sich um Ansprüche der Erbengemeinschaft handelt, die nach dem Erbfall entstanden sind oder es sich um Ansprüche des Erblassers handelt, die mit dem Erbfall auf die Erbengemeinschaft übergegangen sind. Ansprüche des Erblassers können sowohl schuldrechtlicher, als auch dinglicher sowie öffentlich-rechtlicher Natur sein. Für eine Vollstreckungsgegenklage gem. § 767 ZPO gegen die Zwangsvollstreckung in ein Nachlassgrundstück ist ein Miterbe ebenfalls gem. § 2039 BGB prozessführungsbefugt, wenn damit ein zum Nachlass gehörender Anspruch durchgesetzt werden soll. Als eine Nachlassforderung i.S.v. § 2039 BGB sieht der BFH auch den Anspruch auf Erlass gem. § 227 Abs. 1 AO an. Zu den Ansprüchen i.S.v. § 2039 BGB gehört auch der Rechnungslegungsanspruch gegen den Testamentsvollstrecker. Ein Miterbe kann diesen Anspruch allein geltend machen, muss allerdings Leistung an alle Miterben verlangen. Die Ausübung von Gestaltungsrechten fällt nicht unter § 2039 BGB. Für Gestaltungsrechte gilt stattdessen § 2038 BGB (siehe § 2038 Rdn 4 ff.), wenn eine Verfügungswirkung mit dem Gestaltungsrecht verbunden ist, gilt grundsätzlich § 2040 BGB (gemeinschaftliche Verfügung), möglicherweise aber auch § 2038 BGB (mehrheitliche Verfügung, vgl. § 2038 Rdn 15 und 69). Der Anspruch aus § 2287 BGB gehört nicht zum Nachlass (siehe Rdn 20).
2. An alle Erben gemeinschaftlich
Rz. 3
Ebenso wie in § 432 Abs. 1 S. 1 BGB leistet der Schuldner ("Verpflichtete") nur dann mit befreiender Wirkung, wenn er an alle Gläubiger ("Erben") leistet. Die Leistung nur an einen oder mehrere Erben führt nicht zum Erlöschen der Forderung der Erbengemeinschaft. Das Angebot des Schuldners hat daher auch gegenüber allen Erben zu erfolgen. Etwas anderes gilt dann, wenn die übrigen Miterben vertreten werden und Leistung an den oder die Bevollmächtigten erfolgt. Da es sich beim Vermögen der Erbengemeinschaft um Sondervermögen der Miterben handelt (siehe § 2032 Rdn 4), kann der Schuldner der Forderung der Erbengemeinschaft keine Einwendungen und Einreden entgegenhalten, die aus einem Rechtsverhältnis mit einem einzelnen Miterben herrühren. Die Aufrechnung einer gegen einen einzelnen Miterben bestehenden Forderung ist gem. § 2040 Abs. 2 BGB ausgeschlossen (siehe § 2040 Rdn 4 f.). Konfusion tritt auch nicht zu einem Bruchteil ein (siehe § 2032 Rdn 3), so dass auch der miterbende Nachlassschuldner nur durch Leistung an die Erbengemeinschaft mit befreiender Leistung leisten kann.
3. Leistung durch Verpflichteten
Rz. 4
Der Leistungsort ändert sich durch den Erbfall nicht. Gerät nur einer der Miterben in Annahmeverzug, § 293 BGB, führt dies zum Annahmeverzug sämtlicher Miterben.
4. Leistung an alle Erben
Rz. 5
Der einzelne Miterbe (zum Begriff des Miterben siehe § 2033 Rdn 2) kann nur die Leistung des Schuldners an alle Erben fordern (actio pro socio). Er kann daher insbesondere nicht etwa lediglich die Forderung in Höhe seiner eigenen Erbquote geltend machen (und Zahlung an sich verlangen). Dies wäre eine eigenmächtige und somit unzulässige Teilauseinandersetzung. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die übrigen Miterben zustimmen und den fordernden bzw. klagenden Miterben insoweit ermächtigen. § 2039 BGB gewährt dem einzelnen Miterben ein Recht, regelt jedoch keine Pflicht, Ansprüche für die Erbengemeinschaft alleine durchzusetzen. Der einzelne Miterbe ist mithin auch nicht verpflichtet, "Prozesse zur Durchsetzung von Ansprüchen des Nachlasses alleine zu führen", sondern kann sich vorher des Einverständnisses seiner Miterben vergewissern: "Er darf insbesondere bei Ansprüchen, zu deren Verfolgung es weittragender, zweifelhafter oder kostspieliger Maßnahmen bedarf, vorher die Zustimmung der Miterben einholen."
Rz. 6
Auch wenn neben dem fordernden Miterben lediglich noch ein weiterer Miterbe vorhanden ist, muss auf Leistung an die Erbengemeinschaft geklagt werden. Dies gilt auch dann, wenn Schuldner der andere Miterbe ist. Der Miterbe kann Leistung direkt an sich verlangen, wenn eine andere Forderung unstreitig nicht mehr besteht. Der fordernde Miterbe müsste dann den Anspruch um den Anteil des anderen Miterben (Schuldners) kürzen. Kann der Schuldner jedoch erfolgreich geltend machen, dass der Nachlass noch nicht teilungsreif ist (weil noch Nachlassverbindlichkeiten oder weitere...