1. Offenbar unbillig
Rz. 15
Die Bestimmung nach S. 2 ist erst dann unverbindlich, wenn die Entscheidung "offenbar unbillig" ist, S. 3. S. 3 verwendet hier dieselbe Begrifflichkeit wie § 319 S. 1 BGB, weswegen die entsprechende Lit. und Rspr. zur Bestimmung der "offenbaren Unbilligkeit" in S. 3 mit herangezogen werden kann. Die Leistungsbestimmung des Dritten ist dann "offenbar unbillig", wenn die Maßstäbe der Einzelfallgerechtigkeit in so grober Weise verletzt sind, dass sich die Unbilligkeit zwar nicht jedermann, jedoch dem unbefangenen Sachkundigen sofort aufdrängt. Im Rahmen von § 319 BGB hat der BGH die offenbare Unbilligkeit als "eine Zwischenstufe zwischen dem billigen Ermessen einerseits und der Willkür andererseits" bezeichnet. Offenbare Unbilligkeit ist danach nicht gleichzusetzen mit (bloßer) offenbarer Unrichtigkeit: Neben der Unrichtigkeit der Entscheidung muss ein Verstoß gegen Treu und Glauben hinzutreten.
"Offenbar" ist nicht gleichzusetzen mit "offenkundig". Es kann daher sein, dass auch der sachkundige Beurteiler eine eingehende Prüfung vornehmen muss, um die offenbare Unbilligkeit zu erkennen. Unerheblich ist hingegen, ob den Dritten ein Verschulden trifft. Es genügt, dass die Unbilligkeit objektiv vorhanden ist. Für die Beantwortung der Frage, ob die Bestimmung offenbar unbillig ist, kommt es nicht auf die Motive an, von denen der Dritte sich bei der Auseinandersetzung hat leiten lassen. Maßgeblich ist allein das Ergebnis. Der Dritte hat einen erheblichen Ermessensspielraum, der auch nicht eingeengt werden darf. Andernfalls würde dies die Gefahr von Streitigkeiten auslösen, die durch die Übertragung der Bestimmung auf den Dritten gerade verhindert werden sollte. Auch wenn die Anordnung durch den Dritten im deutlichen Gegensatz zum Willen des Erblassers steht, können hinreichende Gründe für die Abweichung gleichwohl dazu führen, dass die Anordnungen (noch) nicht offenbar unbillig sind.
Die Bestimmungserklärung ist im Übrigen nur dann offenbar unbillig, wenn sie dies zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung ist. Die offenbare Unbilligkeit muss sich unter Zugrundelegung der damaligen Verhältnisse ergeben, wie sie für einen Sachkundigen erkennbar waren. Auf später eingetretene Veränderungen oder bekanntgewordene Tatsachen kommt es daher grundsätzlich nicht an.
Eine offenbare Unbilligkeit der Entscheidung des Dritten kann sich aus einer Abweichung der Anordnung des Dritten zum Erblasserwillen ergeben. Dabei genügt jedoch nicht jede Abweichung, sondern die Anordnung muss in einem deutlichen Gegensatz zum Erblasserwillen stehen, und es dürfen keine hinreichenden Gründe für die Abweichung vorhanden sein, mit der der Spielraum überschritten wird, den der Erblasser dem Dritten eingeräumt hat. Offensichtlich unbillig wäre bspw. ein Auseinandersetzungsplan, der die Verteilung des Nachlasses vor der Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten vorsieht, eine andere Festlegung der Teilungsquoten (auch durch Missachtung von Ausgleichungspflichten) oder die Bestimmung, dass eine zum Nachlass gehörende Immobilie "für ein Nichts" veräußert werden soll.
2. Bestimmung durch Urteil
Rz. 16
Ist die Anordnung des Dritten unbillig, so erfolgt die Bestimmung durch Urteil, S. 3 Hs. 2. Dies ist nicht erforderlich, wenn sich die Erben über die Unbilligkeit einig sind. Sind sich die Erben einig, können sie sich über die (lediglich schuldrechtlich wirkende) Bestimmung des Dritten einvernehmlich hinwegsetzen. Nur wenn sich die Erben nicht einig sind, bedarf es der Bestimmung durch Urteil. Im Gegensatz zur Auseinander...