Rz. 12
Neben der Anordnung einer Testamentsvollstreckung bietet S. 2 dem Erblasser eine der wenigen Möglichkeiten, das Schicksal des Nachlasses zumindest teilweise in die Hände eines Dritten zu legen. Statt selbst nähere Anweisungen zu geben, wird angeordnet, dass die Auseinandersetzung nach dem billigen Ermessen eines Dritten erfolgen soll, ohne dass hierin die Anordnung einer Testamentsvollstreckung liegen muss. Ordnet der Erblasser jedoch Testamentsvollstreckung an und bestimmt, dass der Testamentsvollstrecker "alle Rechte und Befreiungen haben (soll), die einem Testamentsvollstrecker gesetzlich eingeräumt werden können", ist damit die Auseinandersetzung nach billigem Ermessen i.S.v. S. 2 eingeschlossen.
Auf den ersten Blick mag die Möglichkeit des S. 2 im Widerspruch zu § 2065 BGB stehen. Danach ist es nicht zulässig, einen Dritten über die Gültigkeit einer Verfügung entscheiden zu lassen, ihn eine Person benennen zu lassen, die eine Zuwendung erhalten soll, oder den Gegenstand einer Zuwendung festlegen zu lassen. Bei einer Auseinandersetzungsanordnung gem. S. 2 sind jedoch Rechtsfragen aufgrund gegebener Tatsachen zu entscheiden und nicht, wie bei § 2065 BGB, neue Rechtsbeziehungen zu begründen.
1. Billiges Ermessen
Rz. 13
Bei der Ausübung des billigen Ermessens ist der Dritte an gesetzliche Teilungsregeln nicht gebunden. Er kann daher die Aufteilung einzelner Nachlassgegenstände auf die Erben bestimmen, bspw. wenn eine Versilberung praktisch nicht möglich oder wirtschaftlich ist. Genauso kann der Dritte aber auch bestimmen, dass Hausrat vollständig zu entsorgen ist und keine – regelmäßig aussichtslosen – Versuche der Versilberung (oder Anrechnung im Rahmen der Entrümpelung) unternommen werden müssen. Der Begriff des "billigen Ermessens" lässt sich nicht allgemeingültig definieren, da es stets auf eine Beurteilung des Einzelfalls ankommt. Maßgebend ist letztlich aber allein, ob das Verhalten "offenbar unbillig" ist (S. 3), weil ausschließlich dann die Bestimmung für die Erben nicht verbindlich ist (siehe Rdn 15 f.).
2. Dritter
Rz. 14
Dritter kann jede Person sein, auch ein Miterbe. Es ist ebenfalls möglich, dass der Dritte die Entscheidung einem oder mehreren Miterben überträgt, da es nicht erforderlich ist, dass der Dritte außerhalb der Erbengemeinschaft steht. Auch ein Testamentsvollstrecker kann als Dritter berufen werden, jedoch hat andersherum der berufene Dritte nicht automatisch die Stellung eines Testamentsvollstreckers. Zu prüfen ist aber stets, ob möglicherweise mit der Benennung des Dritten auch dessen Ernennung als Testamentsvollstrecker unter Beschränkung seiner Aufgaben gemeint ist, vgl. § 2208 BGB. Zur Anordnung nach S. 2 bei angeordneter Testamentsvollstreckung siehe auch Rdn 12. Eine Anordnung gem. S. 2 kann auch dann vorliegen, wenn Sachverständige den Übernahmepreis zu ermitteln haben, zu dem ein Miterbe einen Nachlassgegenstand übernehmen soll oder darf.