Rz. 21
Der Erblasser hat, wenn er mehrere Erben in Erbengemeinschaft hinterlässt, einerseits die Möglichkeit anzuordnen, dass ein bestimmter Erbe das Recht haben soll, das Landgut zum Ertragswert zu übernehmen. Er kann aber auch nur anordnen, dass bei Übernahme durch einen der Miterben (ohne das er diesen bestimmt), für das Landgut bei der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft, der Ertragswert anzusetzen ist.
Rz. 22
Die Anordnung nach § 2049 Abs. 1 BGB kann Teilungsanordnung, Vorausvermächtnis oder auch Erbeinsetzung sein, Letzteres, wenn das Landgut der wesentliche Nachlassgegenstand ist. Ein reines Vermächtnis ist hingegen nicht ausreichend, denn § 2049 BGB ist eine Regelung zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft, und an dieser ist ein reiner Vermächtnisnehmer gerade nicht beteiligt. Der Wortlaut von § 2049 Abs. 1 BGB spricht von der Übernahme durch einen Miterben. Der Übernehmer muss also zumindest auch Erbe sein. Etwas anderes kann allerdings gelten im Anwendungsbereich von § 2312 BGB. Zwar steht auch der Wortlaut von § 2312 Abs. 1 S. 1 BGB der Annahme eines Vermächtnisses entgegen. Da aber allgemein eine Anwendung der Privilegierung nach § 2312 BGB analog auch bei der Pflichtteilsergänzung erfolgen soll, stellt sich die Frage, ob ein Vermächtnis an eine Person aus dem Personenkreis von § 2303 BGB nicht eine privilegierte Bewertung zulassen sollte, wenn andernfalls zur Sicherstellung des Pflichtteils eine Vermächtniskürzung nach § 2318 BGB drohen würde. Eine Vermächtniskürzung hätte möglicherweise wiederum die Zerschlagung eines landwirtschaftlichen Betriebes zur Folge. Es erscheint ein angemessenes Mittel zur Erreichung des vom Gesetz gewollten Zwecks, auch an dieser Stelle statt des Verkehrswertes den geringeren Ertragswert bei der Bewertung des Vermächtnisses zugrunde zu legen, wenn andernfalls ein nur insoweit bedachter Abkömmling oder Ehegatte den Betrieb nicht weiterbetreiben könnte. Das Gleiche muss dann gelten bei einer lebzeitigen Zuwendung, die mit einer späteren Inanspruchnahme des Übernehmers als Beschenktem verbunden ist. Für der Bemessung des Wertes gemäß § 2329 Abs. 2 BGB kann bei einer Anwendung der Privilegierungsvorschriften im Interesse der Allgemeinheit nur eine Bewertung nach dem Ertragswert erfolgen, und zwar unabhängig davon, ob der Erblasser den Übernehmer (den er nach seiner Meinung vielleicht durch Übergabe des Betriebes als von seinem Vermögen abgefunden ansieht) später auch zum Erben einsetzt. Dagegen spricht, dass bei einer solchen Ausweitung der Vorschrift über den Wortlaut hinaus ausgerechnet Pflichtteilsberechtigte noch weitergehender als die Miterben beeinträchtigt würden. Hiergegen bestehen Bedenken unter Berücksichtigung der hohen Anforderungen eines Eingriffs in Art. 3 Abs. 1 GG.
Rz. 23
Bei der vom Gesetz vorgesehenen Ausprägung des § 2049 BGB handelt es sich um eine Teilungsanordnung, genauer um eine wertverschiebende Teilungsanordnung. Das gilt, wenn sich aus der letztwilligen Verfügung keine anderen Anhaltspunkte für die rechtliche Einordnung ergeben. Eine Qualifizierung der testamentarischen Anordnung als Erbeinsetzung oder Vorausvermächtnis ist indes gleichermaßen denkbar, wenngleich es dann der Vermutungsregelung des § 2049 BGB nicht bedarf, sondern sich aus der Regelung selbst die anderweitige Qualifikation ergibt. Beim Wertausgleich zwischen den Miterben wird für das Landgut der Ertragswert in Ansatz gebracht. Das Landgut fällt mithin zunächst, anders als bei der Hoferbfolge, der Erbengemeinschaft an. Der übernahmeberechtigte Miterbe kann sodann von der Erbengemeinschaft die Einräumung des Alleineigentums am Landgut verlangen. Da in der Regel der Erblasser das Recht zur Übernahme einräumt, entsteht der Auflassungsanspruch nicht mit dem Erbfall, sondern erst zu dem Zeitpunkt, zu dem der Übernehmer von seinem Recht Gebrauch macht. Macht der Übernahmeberechtigte seinen Anspruch nicht geltend, so kann er auf diese Weise auf das Recht verzichten. Er ist bei der Ausübung des Rechts nicht an eine Frist gebunden. Allerdings wird ihm regelmäßig der Verwirkungseinwand entgegengehalten werden können, wenn er nicht binnen der Ausschlagungsfrist von sechs Wochen nach § 1944 Abs. 1 BGB seinen Anspruch geltend macht, sofern nicht die Erbengemeinschaft zunächst einvernehmlich auf eine Auseinandersetzung verzichtet und der Übernahmeberechtigte das Landgut in dieser Zeit verwaltet.
Rz. 24
Die Erbengemeinschaft hat die sich aus den allgemeinen Vorschriften ergebenden Rechte. Liegt eine Teilungsanordnung vor, erfolgt unter Berücksichtigung des Wertes ggf. ein Wertausgleich. Ist ein Vorausvermächtnis gegeben, findet ein Wertausgleich nicht statt, das Landgut wird dem Übernehmer mit dem angesetzten Wert bei der Auseinandersetzung angerechnet.