a) Art der Vorempfänge
Rz. 6
Das Gesetz unterscheidet insgesamt vier Arten: Ausstattungen (Abs. 1), Übermaß an Zuschüssen (Abs. 2 Var. 1), Übermaß an Aufwendungen für die Vorbildung zum Beruf (Abs. 2 Var. 2), andere Zuwendungen, für die die Ausgleichungspflicht angeordnet wurde (Abs. 3). Gemeinsam ist allen vier Fallgruppen, dass eine "Zuwendung" (§ 2316 Abs. 1 S. 1 BGB sowie "andere" in Abs. 3) vorliegen muss. Hierunter versteht man herkömmlich jede Maßnahme, durch die dem Abkömmling ein Vermögensvorteil auf Kosten des – künftigen – Nachlasses zufließt dergestalt, dass hierdurch das Auseinandersetzungsguthaben der übrigen Miterben verringert wurde. Man findet zahlreich vertreten, die Zuwendung müsse nicht zwingend mittels Rechtsgeschäfts geschehen sein bzw. ein solches sei für die Annahme von Zuwendung nicht begriffswesentlich. Bsp. für Zuwendungen, bei denen dies nicht der Fall ist, finden sich allerdings nirgends aufgeführt – zu denken ist wohl an bereichernde Realakte, Vater errichtet etwa auf Grundstück des Abkömmlings in dessen Abwesenheit zum Zwecke der Ausstattung ein Bauwerk. Nicht die Rechtsnatur des Vorgangs ist von Belang, sondern sein wirtschaftliches Ergebnis. Wäre der hypothetische Nachlass, die Maßnahme weggedacht, zum Todeszeitpunkt höher, liegt potenziell Zuwendung vor.
Rz. 7
Damit scheidet die Annahme von Zuwendung aus bei Gegenständen, die dem Erblasser noch zu Lebzeiten de facto mit dinglicher Wirkung wieder zurückgewährt worden sind oder ihm de iure zurückgewährt hätten werden müssen (etwa ein Darlehen an den Abkömmling, das bis zum Tode nicht zurückgezahlt wurde u. daher zur Masse zu leisten ist) oder einer Sondererbfolge unterliegen. Dies betrifft namentlich den Fall qualifizierter Nachfolgeklauseln. Da nur lebzeitige Zuwendungen den Ausgleichungsregeln unterfallen, scheiden alle rein erbrechtlich begründeten Zuwendungen aus. Ist die Nachfolge hingegen gesellschaftsrechtlich begründet, handelt es sich um lebzeitige Zuwendung auf den Todesfall, die allerdings – zumindest teilweise – unentgeltlich sein und die weiteren Voraussetzungen der Abs. 1 oder 3 erfüllen muss. Wurde im Gesellschaftsvertrag lediglich ein Eintrittsrecht zugunsten eines Abkömmlings vereinbart u. fällt das Abfindungsguthaben des Erblassers bedingungsgemäß in den Nachlass, so gilt die Einräumung des Eintrittsrechts nur dann als Zuwendung, wenn zur Erwirkung dieses Rechts besondere Vermögensaufwendungen des Erblassers erforderlich waren.
Eine Zuwendung scheidet aus, wenn der Erblasser eine gleichwertige Gegenleistung erhalten hat. Soweit der Wert der Gegenleistung hinter dem der Erblasserleistung zurückfällt, liegt Teil- (oder gemischte) Schenkung vor und damit Zuwendung. Das Schlagwort der "Freigebigkeit", das sich in diesem Zusammenhang bisweilen findet, will erkennbar besagen, dass auf den Vermögensvorteil kein gesetzlicher Anspruch bestanden haben darf.
b) Vermögensvorteil
Rz. 8
Zur Annahme von Zuwendung reicht jeder Vermögensvorteil: (1) Einmalige oder laufende Geldzahlung (hierbei wird man wegen der Übermaßfrage jeweils genau zu prüfen haben, ob Ausstattung nach Abs. 1 oder Zuschuss nach Abs. 2 vorliegt, denn wenn eine laufende Rente den Charakter von Zuschüssen zum Einkommen hat, gilt Abs. 2, auch wenn der Anlass der Zuwendung die Annahme von Ausstattung nahe legt); (2) Tilgung von Schulden des Abkömmlings (oder dessen Ehegatten) bzw. auch Tilgung von Schulden des Schwiegerkindes, um den Abkömmling zu entlasten; (3) Verzicht auf und Erlass von Verbindlichkeiten; (4) Übertragung von beweglichen oder unbeweglichen Sachen; (5) Gewährung freien Wohnens (da der potenzielle Nachlass durch den Vorgang mangels ansonsten erzielbarer Miete geschmälert wird, scheint Annahme einer Zuwendung kaum bestreitbar, Ausgleichungspflicht allerdings nur veranlasst, wenn als weitere Voraussetzung Ausstattung oder Übermaßzuschuss oder Anordnung nach Abs. 3 vorliegen); (6) Aufnahme des Abkömmlings als Teilhaber in eine Gesellschaft – es sei denn, mit der Gesellschafterstellung wären keine materiellen Vorteile verbunden.
Rz. 9
Ob die Aufnahme in eine Personengesellschaft ...